Zugunglück

Der Orkan war weit stärker als prognostiziert

03.04.2023, 13:21 Uhr
· Online seit 03.04.2023, 12:36 Uhr
Am Freitagnachmittag waren wohl starke Windböen für die Entgleisung von zwei Zügen in Büren zum Hof und in Lüscherz verantwortlich. Diese seien auf eine spezielle Wettersituation zurückzuführen, sagt die Meteorologin. Die Böen waren jedoch massiv stärker als in den Prognosen vorausgesagt.
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Auch wenn die Untersuchungen noch laufen und deshalb die offizielle Bestätigung noch fehlt: Es waren wohl die starken Sturmböen am späten Freitagnachmittag, die zur Entgleisung von zwei Zügen in Lüscherz und in Büren zum Hof führten.

Die Böen hatten ihren Ursprung in einer Gewitterfront, welche das Mittelland von West nach Ost überquerte. In Koppigen, nur wenige Kilometer von Büren zum Hof entfernt, wurde eine Windböe von 136 Kilometern pro Stunde gemessen, sagt Meteorologin Geraldine Zollinger von MeteoNews. Damit spreche man von einer Böe in Orkanstärke, und das sei äusserst aussergewöhnlich für das Mittelland. Ähnlich starke Böen wurden unter anderem auch am Jurasüdfuss in Neuenburg oder in Cressier gemessen, was die Zug-Entgleisung in Lüscherz am Bielersee erklären dürfte.

Fragt sich, weshalb nicht generell stärker gewarnt wurde vor den möglichen Starkwinden. Zwar wurden verbreitet 70 bis 80 km/h vorausgesagt, aber von extremen Böen, wie sie am Jura und im Mittelland aufgetreten sind, war in den Warnhinweisen nirgends die Rede. Die Bahnunternehmen waren nicht vorbereitet auf ein solches Extremereignis. Zudem wurde der Höhepunkt des Sturms auf Mitte Nachmittag prognostiziert, die fatalen Orkanböen fegten aber erst gegen 17 Uhr übers Land.

Quelle: TeleBärn/Vroni Fehlmann

Meteorologin Geraldine Zollinger sagt dazu, es sei auch heute noch schwierig, solche ausserordentlichen Wetterereignisse auf eine Postleitzahl genau vorherzusagen, da das Wetter von vielen verschiedenen Faktoren abhängig sei. Man könne zwar gut sagen, in welchen Regionen die Wahrscheinlichkeit für starke Windböen am grössten sei. es gebe aber immer wieder sehr lokale, praktisch unvorhersehbare Ausreisser wie die Böenspitzen in Koppigen oder am Jurasüdfuss.

Auch die Topographie spiele bei solchen aussergewöhnlichen Wetterereignissen eine grosse Rolle. Im eher flachen Mittelland könnten sich Böen-Walzen viel besser bewegen und ausdehnen, weil es weniger Hindernisse gibt, sagt die Meteorologin.

Damit es zu einem Gewitter wie am Freitagabend kommen kann, seien verschiedene Zutaten im Spiel. Es brauche Labilität, also eine starke Abnahme der Temperatur mit zunehmender Höhe. Dazu müsse genügend Feuchtigkeit in der aufsteigenden Luft sein, was zu zusätzlicher Energie und noch mehr Auftrieb führe, erklärt Geraldine Zollinger. Und zum Schluss brauche es einen Trigger, einen Auslöser, damit sich die «aufgeladene» Luft vom Boden lösen könne. Am Freitag sei das eine Kaltfront gewesen, welche sich unter die warme Luft geschoben habe.

Auch für die Meteorologin sei die Wettersituation am Freitag aussergewöhnlich gewesen. Vor allem auch, weil sie Ende März passiert sei. Orkanböen von 136 km/h im Mittelland seien aber zu jeder Jahreszeit etwas Besonderes und Beeindruckendes, sagt Geraldine Zollinger.

veröffentlicht: 3. April 2023 12:36
aktualisiert: 3. April 2023 13:21
Quelle: 32Today

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