Cern

Der Teilchenbeschleuniger am Cern ist wieder aufgestartet

· Online seit 22.04.2022, 13:00 Uhr
Im weltweit leistungsfähigsten Teilchenbeschleuniger LHC am Cern bei Genf rasen Protonen nach einer mehr als dreijährigen Pause wieder aufeinander zu. Und zwar mit einer noch gewaltigeren Energie als zuvor, wodurch Physiker deutlich mehr Daten sammeln werden können.
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Mit Experimenten am LHC versuchen Teilchenphysikerinnen und -physiker nicht weniger als das Geheimnis unserer Existenz zu lüften. Mehr als drei Jahre mussten sie sich nun für neue, aus Teilchenkollisionen gewonnene Daten gedulden, weil der unterirdische, ringförmige Teilchenbeschleuniger mit 27 Kilometer Umfang gewartet und modernisiert wurde. Am Freitagmittag zirkulierten nun wieder die zwei ersten Protonenstrahlen in entgegengesetzter Richtung mit einer Energie von 450 Milliarden Elektronenvolt, wie das Cern mitteilte.

Zwar dauere es noch ein paar Monate bis zu den hochintensiven, hochenergetische Kollisionen, sagte Rhodri Jones, Leiter der Gruppe für Strahleninstrumente am Cern. «Aber die ersten Strahlen bedeuten den erfolgreichen Neustart des Beschleunigers nach all der harten Arbeit während der langen Abschaltung.» Tatsächlich sollen die Kollisionen künftig mit einer Rekordenergie von 13,6 Billionen Elektronenvolt vonstatten gehen.

Suche nach neuer Physik

Nicht nur Rekordenergien, sondern auch rekordgrosse Datensätze soll der aufgerüstete LHC liefern. Je nach Experiment erwarten die Forschenden eine Verdreifachung bis Verfünffachung der Kollisonenzahl, was extrem seltene Zerfallsereignisse sichtbar machen soll. So möchten sie nicht nur dem Higgs-Boson genauer auf den Zahn fühlen, sondern auch das Standardmodell der Teilchenphysik den bisher strengsten Tests unterziehen sowie sich auf die Suche nach physikalischen Phänomenen jenseits des Standardmodells begeben.

Das Standardmodell ist die anhin zweifellos erfolgreichste wissenschaftlichen Theorie zur Beschreibung des Universums. Dennoch ist sie lückenhaft. Sie weiss beispielsweise keine Antwort darauf, worauf das offenkundige Ungleichgewicht zwischen Materie und Anti-Materie im Universum beruht. Auch hat sie keine Erklärung für die dunkle Materie und dunkle Energie.

Erst kürzlich wartete das US-Forschungszentrum für Teilchenphysik Fermilab mit einer Sensation auf: Eine präzise Messung der Masse des W-Bosons rüttelte am Standardmodell. Es sei viel schwerer als vermutet, berichteten die Forschenden. Können die Ergebnisse vom Cern unabhängig bestätigt werden, wäre dies ein starker Hinweis auf bisher noch unentdeckte Teilchen oder Kräfte.

veröffentlicht: 22. April 2022 13:00
aktualisiert: 22. April 2022 13:00
Quelle: sda

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