Bald kann man Twint wie eine Kreditkarte nutzen und die Zahlung um 30 Tage verschieben. Ist diese Twint-auf-Rechnung-Option sinnvoll? Gregor Mägerle, Leiter der Schuldenprävention Zürich, klärt über Risiken auf.
Herr Mägerle, was halten Sie von der neuen Funktion?
Das ist nicht nötig. Menschen, die etwas kaufen und das Geld dafür haben, brauchen diesen Aufschub nicht. Für Menschen, die in Raten zahlen wollen oder das Geld gar nicht haben, steigt das Risiko, dass sie sich verzetteln und zu viel kaufen. Deshalb steigt die Gefahr der Verschuldung mit dieser neuen Möglichkeit.
Ist die Gefahr der Verschuldung das Hauptrisiko oder gibt es weitere Risiken?
Das Hauptrisiko ist, dass man sich verliert und Dinge kauft, die man sich gar nicht leisten kann. Eine Ratenzahlung an und für sich ist für Notfälle gedacht. Bekomme ich eine Rechnung und kann diese nicht bezahlen, kann ich dann mit dem Gläubiger, der Gläubigerin anschauen, ob ich den Betrag in Raten abzahlen kann. Das gilt nur für den Notfall. Das soll nicht für normale Dinge sein, nicht für Luxus, und nicht für Dinge, die man nicht zwingend braucht. Da sollte man nur Geld einsetzen, das man hat.
Twint argumentiert mit einer grösseren Flexibilität. Was sagen Sie dazu?
Das Konzept von «buy now, pay later» ist nicht neu. Wieso Twint das nun auch anbieten will, verstehe ich nicht. Ein Vergleich: Viele Alkoholikerinnen und Alkoholiker sind froh um die Migros, in der man keinen Alkohol kaufen kann. Bei Twint sind Nutzerinnen und Nutzer vielleicht ebenfalls froh gewesen, dass sie die Zahlung nicht aufschieben können und sofort bezahlen müssen. Es gibt viele Personen, die Schwierigkeiten im Umgang mit Finanzen haben und deshalb bewusst keine Kreditkarte besitzen.
Gibt es trotzdem auch Vorteile?
Ich sehe keinen Grund dafür, dass die neue Zahloption sinnvoll sein sollte. Ich muss zuerst das Geld haben und dann etwas kaufen. Alles andere ist gefährlich und kann die Chance stark erhöhen, in eine Verschuldungssituation zu gelangen. Wer das Geld hat, braucht diese Funktion nicht. Wer das Geld nicht hat, trifft ein grösseres Risiko.