Verteil-Aktionen

In diesen Städten gibt es gratis Getränke für alle – ausser Egos

11.07.2023, 10:30 Uhr
· Online seit 10.07.2023, 08:30 Uhr
Passantinnen und Passanten bekommen an Bahnhöfen und in Zentren auch diese Saison Fläschchen von Getränkemarken in die Hand gedrückt. Wo du Chancen hast, dir eines zu schnappen und warum Schummeln ein No-Go ist, erfährst du hier.
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Süsse Getränke haben im Sommer an den Bahnhöfen Hochsaison. Dann drücken junge Leute in bunten Shirts den Passantinnen und Passanten wieder eine Dose oder eine Flasche eines neuen Softdrinks in die Hand. In der Übersicht erfährst du alles rund um die Aktionen.

Wo gibt es Verteil-Aktionen?

Für Rivella-Fans: Am 14. Juli wird am Bahnhof Bern das Getränk Rivella Refresh zum Probieren verteilt. Am 18. August ist der Bahnhof Visp an der Reihe und am 25. August der Bahnhof Arbon. Wer den neuen Enertea gratis probieren will, kann sein Glück am 15. Juli am Bahnhof Bern versuchen. Auch kann man am 19. August am Bahnhof Stadelhofen und am Bahnhof Visp auf Enertea-Jagd gehen. «Wir sind abgesehen von Städten auch an Orten unterwegs, wo es die Konsumierenden nicht erwarten», sagt Monika Christener, Mediensprecherin der Rivella AG.

Für Ramseier-Fans: Verteil-Aktionen finden noch bis August in den Städten Winterthur, Zürich, Basel, Bern, Luzern, Genf, Lausanne und Interlaken statt. Genaue Daten gibt das Unternehmen auf Anfrage nicht an. Zum Probieren gibt es die Getränke SuperT, Ramseier Apfelschorle, Elmer Citro und den Ramseier Huus-Tee Schweizer Früchte.

Für Red-Bull-Fans: Die Chance, einen Organics-Drink in die Hand gedrückt zu bekommen, besteht am 28. und 29. Juli in Zürich und am 21. und 22. Juli in Freiburg.

Für Fans der Coca-Cola-Marken: Gut möglich ist, dass Passantinnen und Passanten irgendwo ein Coca-Cola Zero Sugar, ein Fanta Zero oder ein Vitaminwater mit niedrigem Zuckergehalt mitnehmen können. «In der Regel wählen wir stark frequentierte Bereiche aus, in denen wir möglichst viele Konsumenten erreichen können», sagt Reyn Ffoulkes, Mediensprecher der Coca-Cola Schweiz GmbH auf Anfrage. Die Termine und Orte der Aktionen gibt das Unternehmen nicht bekannt.

Dieser Trick ist beliebt

Bei manchen Passantinnen und Passanten wecken die Verteil-Aktionen Lust auf mehr. Das bedeutet aber nicht, dass sie danach das Gratis-Getränk im Laden kaufen gehen. Stattdessen versuchen sie manchmal, möglichst viele der verteilten Muster zu bekommen. Ein beliebter Trick ist, immer wieder aufs Neue und bei verschiedenen Promotorinnen und Promotoren vorbeizulaufen, um ein weiteres Fläschli in die Hand gedrückt zu bekommen.

Fliegen Schummlerinnen und Schummler auf?

Die Rivella AG antwortet diplomatisch. «Wir freuen uns in erster Linie, dass ihnen unser Getränk schmeckt», schreibt Mediensprecherin Monika Christener mit einem Augenzwinkern. «Wenn es zu offensichtlich ist, geben wir schon zu spüren, dass wir das Spielchen durchschaut haben.»

Ist es okay, wenn ich mir mehrere Fläschchen schnappe?

«Das ist ein absolutes No-Go», sagt Knigge-Expertin Barbara Suter zu diesem Schummel-Trick. Auch bei Verteil-Aktionen solle das Verhalten anderen Gegenüber respektvoll sein. «Ist etwas gratis, gehört sich Hamstern erst recht nicht.» Wer dies trotzdem tue, werde als Egoist entlarvt. «Wer weiss, vielleicht sieht einen dabei ja der Nachbar, die Chefin oder der Vermieter und findet das dann gar nicht toll.» Es stelle sich stets die Frage, wie man nach aussen wirken wollte. «Beim Hamstern outet man sich als Egoist.»

Bei Gratis-Aktionen sollen laut Suter alle Menschen profitieren können. Auch ein knappes Budget rechtfertige nicht, bei Gratis-Ware kräftiger zuzugreifen. Suter: «Hamstern ist egoistisch – egal ob arm oder reich.» Sie erinnert sich, wie sie an einer Kinderfasnacht gratis Leuchtbändeli verteilte. «Da kamen Mütter mehrmals vorbei und behaupteten, ihr Kind habe noch keines bekommen. Dabei besass es schon zehn Stück.»

Warum sind die Getränke gratis?  

«Durch die Verteilaktionen gelingt es uns, die Bekanntheit der verteilten Produkte zu steigern und das Getränk auf die Zunge unserer Konsumentinnen und Konsumenten zu bringen», sagt etwa Marco Clavadetscher, Marketingleiter bei der Ramseier Suisse AG.

Erfahrungsgemäss kämen diese Aktionen bei den Konsumentinnen und Konsumenten sehr gut an. Ähnlich begründet Monika Christener von der Rivella AG die Aktionen: «Gratis-Muster sind beliebt und fördern eine positive Markenwahrnehmung.»

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Auch Marken- und Marketingexperten sind sich einig, dass solche Verteil-Aktionen die beste Möglichkeit sind, um Konsumentinnen und Konsumenten an ein Produkt heranzuführen. Marketingexperte Felix Murbach stellt fest, dass das Markensortiment in den letzten Jahren stark gewachsen ist. «Dieses überdimensionierte Angebot kann manche Konsumentinnen und Konsumenten auch überfordern.» Etwa im Falle der Joghurts hätten Grossverteiler deshalb manche Sorten wieder aus dem Sortiment gekippt. «Fast bei allen Produkten zeigt sich, dass sich die klassischen Produkte auf lange Frist am besten etabliert haben.»

Laut Stefan Vogler, Markenexperte und Dozent an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) können sich die Anbieter bei den klassischen Produkten deswegen aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Im Gegenteil: «Softdrinks sind ein sehr kompetitiver Markt. Auch ein Coca-Cola wächst ohne gezielte Marketing-Aktionen nicht wie verrückt», sagt Vogler.

Dies sei insbesondere der Fall, wenn ein Konkurrenzprodukt auf den Markt komme wie das Schweizer Vivi Kola. «Indem die Anbieter neue Geschmacksrichtungen gratis verteilen, sorgen sie auch dafür, dass die klassischen Marken nachgefragt werden.»

Was sagt der Konsumentenschutz? 

Josianne Walpen, Projektleiterin für Lebensmittel und Ernährung bei der Stiftung für Konsumentenschutz, beurteilt die Verteil-Aktionen für Süssgetränke als fragwürdig. Dies sei vor allem der Fall, wenn Kinder und Jugendliche angesprochen würden. «Mit den Werbegeschenken kommen sie auf den Geschmack und konsumieren dann die stark zuckerhaltigen, gesundheitlich sehr fragwürdigen Getränke.»

Problematisch sei auch, wie die Branche sich bemühe, den Süssgetränken ein gesundes, frisches Image zu verpassen. «Die Anbieter versuchen, die Süssgetränke als vermeintlich unproblematische Durstlöscher anzupreisen.»

Dem Zucker in Süssgetränken hat der Bund bereits den Kampf angesagt. Bis 2024 sollen diese zehn Prozent weniger Zucker enthalten.

Bekommen alle Kinder gratis Getränke?

Nein. Bei den Verteil-Aktionen von Rivella und Coca-Cola gehen Kinder unter 13 Jahren leer aus. Die beiden Unternehmen verpflichten sich als Mitglieder der Interessengemeinschaft Swiss Pledge, Kindern unter 13 Jahren keine Produkte zu vermarkten.

veröffentlicht: 10. Juli 2023 08:30
aktualisiert: 11. Juli 2023 10:30
Quelle: Today-Zentralredaktion

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