Aktuelles System «gescheitert»

Natalie Rickli schlägt Abschaffung der obligatorischen Krankenversicherung vor

· Online seit 27.08.2023, 10:01 Uhr
Die Krankenkassenprämien zeigen für Versicherte jährlich immer nur in eine Richtung: nach oben. Auch der Mittelstand hat mittlerweile Mühe, die Prämien bezahlen zu können. Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli will das System nun grundlegend reformieren.
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Jahr für Jahr steigen die Krankenkassenprämien nach oben. Begründet wird dies in der Regel mit gestiegenen Gesundheitskosten. Versuche, dies zu ändern, sind bisher gescheitert. Jedes Jahr müssen Versicherte noch tiefer in die Taschen greifen. Mittlerweile machen die Kosten nicht nur Geringverdienenden, sondern auch dem Mittelstand zu schaffen. Doch die Krankenversicherung ist in der Schweiz Pflicht. Man kommt also nicht drum herum.

Das will die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli ändern. Das System sei «gescheitert»», findet sie. «Ein System, das einen Grossteil des Mittelstandes in finanzielle Schwierigkeiten bringt, kann man nicht mehr solidarisch nennen», sagt sie zur «Sonntagszeitung». Da die Prämien bei Geringverdienenden vom Staat übernommen werden und bei Reichen kein Problem darstellten, treffe es den Mittelstand am meisten. Rickli findet deshalb: «Meiner Meinung nach sollte sogar eine Abschaffung der obligatorischen Krankenversicherung in Betracht gezogen werden.»

Es brauche eine Grundsatzdiskussion ohne Tabus, findet Rickli. Der Zeitpunkt sei ideal, da Ende Jahr ein neuer Gesundheitsminister oder eine neue Gesundheitsministerin gewählt werde. «Zusammen mit dem neuen Parlament wäre das eine gute Gelegenheit für einen Neustart.» Denn eine einzelne Politikerin oder ein einzelner Politiker allein könne nichts ausrichten. Dafür mischten zu viele Akteure mit.

Von einer Verstaatlichung des Systems rät Rickli aber ab. Beispiele im Ausland – etwa in Grossbritannien – zeigten, dass die Kosten eher steigen würden. Auch eine Einheitskasse sieht die SVP-Politikerin nicht als Lösung. Das Grundproblem, dass die Grundversicherung «mittlerweile eine Vollversicherung ist, die alles bezahlt», würde bleiben.

Viele Probleme lassen die Prämien steigen

Am Schluss liegt das Problem nicht bei einem Punkt allein. Die Personalkosten steigen, Pflegende wollen gleichzeitig weniger arbeiten. Die Spitäler wollen attraktiv bleiben und ihre Infrastruktur modern halten. Grundversicherte erfahren dadurch schon fast die gleiche Behandlung wie Privatversicherte.

Die Kosten für Prämienverbilligungen steigen in den Kantonen, Teuerung und Energiekosten machen sich auch im Gesundheitswesen bemerkbar. Menschen gehen zudem nicht erst zum Arzt oder zur Ärztin, wenn sie krank sind. «Heute geht man oft zum Arzt, um abzuklären, dass man auf keinen Fall krank ist. Viele dieser Abklärungen und Tests werden über die Grundversicherung bezahlt», führt Rickli aus. Schliesslich sei auch die Bevölkerungszahl seit der Einführung des Obligatoriums vor 30 Jahren gestiegen. Deshalb sei es Zeit, das System neu zu überdenken.

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veröffentlicht: 27. August 2023 10:01
aktualisiert: 27. August 2023 10:01
Quelle: ArgoviaToday

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