Wettbewerbswidrig

Swisscom kassiert 18-Millionen-Busse im Glasfaserstreit

25.04.2024, 08:16 Uhr
· Online seit 25.04.2024, 07:32 Uhr
Im Glasfaserstreit hat die Swisscom von der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) eine Busse in der Höhe von 18 Millionen Franken erhalten. Die Kartellwächter halten die Bauweise des Glasfasernetzes für wettbewerbswidrig. Die Swisscom behält sich vor, den Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen.
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Dies teilte die Weko am Donnerstag in einem Communiqué mit. Im Dezember 2020 hatten die Wettbewerbshüter den Glasfaserausbau der Swisscom mit vorsorglichen Massnahmen gestoppt. Die von der Swisscom geänderte Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht verstösst laut Weko gegen das Kartellrecht. Die Wettbewerbskommission pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt.

Nur so können Konkurrenten der Swisscom den Kunden eigene Internetangebote machen, die sich von jenen der Swisscom unterscheiden, und beispielsweise höhere Surfgeschwindigkeiten anbieten als der «blaue Riese». Zudem erhält so jeder Haushalt eine Direktleitung in die Telefonzentrale und muss sich nicht die Zuleitung mit den Nachbarn teilen.

Weko: Swisscom hätte Marktstruktur verändert

Ohne Eingriff der Weko hätte die Swisscom «die bestehende Marktstruktur verändert und für sich selbst ein faktisches Monopol geschaffen. Konkurrentinnen wären ihrer Innovations- und Geschäftsmöglichkeiten weitgehend beraubt und Konsumenten sowie Geschäftskunden in der Wahl ihrer Anbieterin und in der Produktevielfalt stark eingeschränkt worden», schrieben die Wettbewerbshüter.

Allerdings ist diese Bauweise teurer, als nur eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern zu verlegen. Die Swisscom hat aus Kostengründen die billigere Variante gewählt und trotz des Vetos der Weko lange daran festgehalten.

«Die Einsparungen in finanzieller und zeitlicher Hinsicht sind jedoch nach Auffassung der Weko nicht genügend, um die Beseitigung des bisherigen Wettbewerbs auf Generationen wettzumachen. Die bedeutendsten Innovationsschübe und Preissenkungen auf dem Glasfasernetz gingen bisher von Konkurrentinnen und nicht von der Swisscom aus. Das wäre künftig nicht mehr möglich gewesen», schrieben die Kartellwächter.

Swisscom lenkt ein

Im Oktober 2022 hatte die Swisscom dann die Kehrtwende vollzogen. Denn der Druck durch hunderttausende blockierte Anschlüsse, die nicht in Betrieb genommen werden dürfen, wurde zu gross. Nun baut der Konzern wieder Direktleitungen von der Telefonzentrale bis zu den Haushalten. Zudem hat der «blaue Riese" zehntausende blockierte Anschlüsse umgebaut und dadurch mit Direktleitungen versehen.

Insgesamt waren Ende 2023 noch rund 500'000 Glasfaseranschlüsse blockiert, die nur eine Zuleitung für mehrere Haushalte haben. Die Swisscom will diese blockierten Anschlüsse nun teilweise umbauen.

Die Busse ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Swisscom kann die Busse vor Bundesverwaltungsgericht anfechten.

Weiterer Ausbau geplant

Ende 2023 waren knapp 2,5 Millionen der Wohnungen und Geschäfte mit Glasfasern erschlossen. Das sind 46 Prozent aller Haushalte und Geschäfte.

Bis Ende 2025 will die Swisscom die Glasfaserabdeckung auf 57 Prozent erhöhen, bis 2030 auf 75 bis 80 Prozent. «Inklusive Drittnetze werden bis 2025 rund zwei Drittel der Wohnungen und Geschäfte in der Schweiz über einen Glasfaseranschluss verfügen», schrieb der Konzern.

Swisscom prüft Rekurs vor Bundesverwaltungsgericht

Die Swisscom ist mit der Weko-Busse von 18 Millionen Franken im Glasfaserstreit nicht einverstanden. Der Entscheid der Wettbewerbskommission sei nicht nachvollziehbar, erklärte der Telekomkonzern am Donnerstag in einer Stellungnahme. Die Swisscom behält sich vor, den Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen.

Denn der Branchenprimus ist entgegen der Meinung der Weko der Ansicht, «sich wettbewerbsrechtlich korrekt verhalten zu haben». Auch bei der geänderten Ausbauweise der Glasfasernetze mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht hätten die Konkurrenten ohne Diskriminierung einen Datenstrom zu einem bestimmten Anschluss beziehen können. Damit hätten sie wie bisher ein komplettes und wettbewerbsfähiges Angebot mit Telefonie, Internet und TV anbieten können, erklärte der «blaue Riese».

Das Ausbaumodell mit nur einer Zuleitung bis zum Strassenschacht sei überdies in den allermeisten europäischen Ländern vorherrschend, von den Telekomregulatoren akzeptiert und kartellrechtskonform. Diese Bauweise sei effizienter und billiger.

Mit der von der Weko geforderten Ausbauweise mit einer direkten Leitung von der Telefonzentrale bis zum Haushalt werden bis 2030 bis zu 10 Prozent weniger Haushalte erschlossen werden können, als es mit nur einer Zuleitung für mehrere Haushalte möglich gewesen wäre, schrieb die Swisscom. Der Abschluss des Glasfaserausbaus werde nun einige Jahre später erfolgen.

«Der finanzielle Ausblick für das Geschäftsjahr 2024 bleibt unverändert, da Swisscom die Verfügung der Weko in ihrer Planung berücksichtigt hat», hiess es. Der Telekomkonzern habe entsprechende Rückstellungen gebildet.

(sda)

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veröffentlicht: 25. April 2024 07:32
aktualisiert: 25. April 2024 08:16
Quelle: ArgoviaToday

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