Lenzerheide

Schweizer Rivalität führt zu Doppelsturz statt Doppelsieg

10.07.2022, 21:43 Uhr
· Online seit 10.07.2022, 21:42 Uhr
Die Hoffnung auf den historischen 34. Weltcupsieg von Nino Schurter vor Heimpublikum zerschlägt sich jäh. Mathias Flückiger und Schurter geraten in Lenzerheide im Kampf um den Sieg aneinander und stürzen.
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Flückiger blieb schliesslich der 3. Platz, Schurter Rang 4, gefolgt vom aufstrebenden Tessiner Filippo Colombo und Thomas Litscher im 7. Rang. Luca Braidot war der grosse Nutzniesser des unglücklichen Schweizer Rencontres. Der 31-jährige Italiener feierte seinen ersten Weltcupsieg, Alan Hatherly erbte den 2. Platz.

Schurter und Flückiger, dessen sportliche Rivalität an der letztjährigen Weltmeisterschaft durch Schurters keckes goldenes Manöver kurz vor dem Ziel erstmals richtig offenkundig wurde, setzten sich auf der Schlussrunde aus einer Vierergruppe ab. Anstatt den sicher geglaubten Schweizer Doppelsieg nicht zu gefährden, griff Flückiger den vorne liegenden Schurter an einer kniffligen Stelle 300 Meter vor dem Ziel an. Abseits der TV-Kameras kam es zum Kontakt und zum doppelten Sturz.

Entgleisung im Ziel

Naturgemäss bewerteten die Involvierten die Szene unterschiedlich. Flückiger habe ihn an einer unmöglichen Stelle «abgeräumt», monierte Schurter, der eine Revanche Flückigers witterte. «Man muss dort überholen, wo es auch möglich ist. Dort, wo ‹Math› es versucht hat, ging es nicht. Das war definitiv ‹too much›. Irgendwo hat es Grenzen», sagte der neunfache Weltmeister, der seinem Landsmann nach der Zieldurchfahrt ein paar nicht druckreife Verwünschungen und einen kaum kollegial gemeinten Rückenklatscher mit auf den Weg gab.

Flückiger taxierte die Szene dagegen als «normalen Zweikampf wie immer» - als normales Duell, bei dem er aber anders als in früheren Jahren mehr Bereitschaft zeigte, die Ellbogen auszufahren, wie er einräumte. «Früher habe ich in den Duellen eher einmal zu oft nachgegeben. Dieses Mal war es anders», sagte Flückiger. Trotzdem gäbe es keinen Grund zum ‹Grännen›, fand der Berner: «An der WM hat mich Nino gelehrt, wie man überholt und wie man frech fahren darf. Jetzt war es umgekehrt. Ich verstehe seine Wut nicht. Er hat die Ellbogen auch schon öfter hingehalten.»

Premiere für Alessandra Keller

Im Schatten des brisanten Schweizer Duells bei den Männern fuhr Alessandra Keller just im Heimrennen zum ersten Mal auf das Podest. Die 26-jährige Nidwaldnerin wurde Dritte hinter der Französin Loana Lecomte sowie der Schwedin Jenny Rissveds und beendete damit eine knapp dreijährige Durststrecke der Schweizer Mountainbikerinnen im Cross-Country-Weltcup. Zweitbeste Schweizerin war Jolanda Neff im 6. Rang.

«Dieser 3. Platz ist eine Erleichterung und auch eine Genugtuung», sagte Keller angesichts ihrer Vorgeschichte. Tatsächlich ist ihr Weg ein spezieller. 2013 wurde sie als 17-Jährige U19-Weltmeisterin, fünf Jahre später gelang ihr der Erfolg auch auf U23-Stufe. Nebenher absolvierte sie an der ETH ein pharmazeutisches Studium, das sie 2019 mit Blick auf die Olympischen Spiele in Tokio unterbrach.

Handbruch und Knieverletzung

Es folgte indes nicht der zu erwartende Durchbruch bei der Elite, sondern grosses Verletzungspech. 2019 brach sich Keller bei einem Sturz beide Hände, 2021 musste sie sich nach einem Missgeschick im Alltag einer Operation am Kreuzband und am Meniskus unterziehen und verpasste die Olympia-Selektion. Nun ist sie mit Verzögerung im Kreis der Besten angelangt, wie auch die Konstanz in dieser Saison belegt.

veröffentlicht: 10. Juli 2022 21:42
aktualisiert: 10. Juli 2022 21:43
Quelle: sda

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