Als Leopold Huber 1978 aus Österreich in die Schweiz kam, war hier der Film «Die Schweizermacher» von Rolf Lyssy der grosse Renner, wie sich Huber erinnert. Er habe damals nicht verstanden, warum das Schweizer Publikum die Geschichte um das ernste Thema Einbürgerung lustig fand.
Inzwischen besitzt der 65-jährige Huber selbst den Schweizer Pass und ist seit 43 Jahren mit der Schweizer Schauspielerin Astrid Keller verheiratet. Mit ihr leitet er seit 1994 gemeinsam das See-Burgtheater. Vor elf Jahren liess sich Huber im erleichterten Verfahren einbürgern.
Den grossen Wert der Komödie habe er erst im Lauf der Jahre schätzen gelernt, sagt der Theatermacher im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Ein ernsthaftes Thema als Komödie behandeln, das braucht schon ein grosses Können.»
Identität und Angst
Interessant am Stück sei: «Wenn ein Schweizer sagt, welche Bedingungen jemand erfüllen muss, um sich einbürgern zu lassen, dann muss er erst einmal seine eigene Identität kennen und hinterfragen.» Damit hängen auch die Themen Angst und Fremdenfeindlichkeit zusammen.
So fragt im Musical die Russin Smirnov nach ihrer abgelehnten Einbürgerung, warum die Schweizer denn solche Angst vor Ausländern hätten? «Weil es keine Schweizer sind», wird ihr geantwortet.
Was Abgrenzung bedeutet, erlebten die Nachbarstädte Kreuzlingen und Konstanz drastisch, als ein doppelter Corona-Grenzzaun hochgezogen wurde. Es kam zu herzzerreissenden Szenen zwischen getrennten Menschen. Viel zu reden gaben in Kreuzlingen auch das Rahmenabkommen mit der EU und das kommunale Ausländerstimmrecht, wie Huber sagt.
«Das Stück hat hier an der Grenze eine grössere Wirkung als in Zürich», findet er. Er habe, abgesehen von notwendigen Kürzungen und «ein paar lokalen Nadelstichen» nicht ins Stück eingegriffen. Die sehr witzigen Liedtexte von Markus Schönholzer – wie den «Aspiranten-Chor», «Demokratie» oder «Füdlibürger» – kennt Huber auswendig.
Theater als «seelische Kläranlage»
Auf die Coronazeit mit den vielen Einschränkungen sieht Huber gelassen zurück. Beruflich sei es mühsam gewesen. Kulturschaffende wüssten aber sowieso mit Entbehrungen umzugehen. Nicht vor Publikum spielen zu können, habe geschmerzt. «Theater wirkt wie eine seelische Kläranlage», sagt Huber. «Ohne es vergiftet man sich.»
Das Musical dauert zwei Stunden, ohne Pause. Die Tribüne darf gemäss Corona-Schutzkonzept zu drei Vierteln mit Publikum gefüllt werden. Das sind 250 Personen pro Vorstellung. Laut Huber kommen 30 Prozent der Zuschauerinnen und Zuschauer aus Deutschland, trotz der höheren Kreuzlinger Ticketpreise.
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