Wer ein historisches Musikinstrument kaufen oder verkaufen möchte, sollte dessen Echtheit überprüfen lassen. Das Urteil einiger Expertinnen und Experten entscheidet schlussendlich über Millionenbeträge. Insbesondere begehrt bei Musikern und Kunstsammlerinnen sind Streichinstrumente der italienischen Instrumentenbauer des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts, darunter diejenigen des berühmten Antonio Stradivari.
Bestimmung des terminus post quem
Doch Kontroversen um deren Echtheit erschütterten in den letzten Jahren die Geigenwelt. Paolo Cherubini, Dendrochronologe an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und an der University of British Columbia in Kanada, unterstreicht in einem im Fachmagazin «Science» erschienenen Artikel die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Jahrring-Analyse, um die Authentizität von Streichinstrumenten zu prüfen.
Demnach können dendrochronologische Methoden zwar nicht das genaue Baujahr ermitteln, doch zumindest das Datum, vor dem das Instrument mit Sicherheit nicht gebaut wurde - der terminus post quem. «Antonio Stradivari starb im Jahr 1737», sagte Cherubini im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Weist das Holz einen Jahrring auf, der nach diesem Zeitpunkt gewachsen ist, kann die Geige unmöglich von Stradivari stammen.»
Objektiv und zerstörungsfrei
Bäume reagieren auf ihre unmittelbare Umwelt und spiegeln deren Einfluss in ihren Jahrringen wieder - in warmen Sommern wachsen die Ringe kräftiger als in kalten. Diese Informationen vergleichen Dendrochronologen mit Referenzdatenbanken, um Alter und Herkunft des Holzes einzuordnen.
Der Vorteil der dendrochronologischen Datierung: Sie fusst Cherubini zufolge auf einer wissenschaftlich fundierten und zerstörungsfreien Analysemethode.
Bessere Referenzchronologien notwendig
Wichtig sei, dass Musikerinnen und Kunstliebhaber genau wüssten, wie viel Vertrauen sie der Dendrochronologie entgegenbringen dürften, sagte Cherubini. So könne die Dendrochronologie keine Aussage darüber treffen, wie viele Jahre zwischen der Fällung des Baumes und der Verarbeitung zu einem Instrument vergangen seien. Auch sei die Datierung abhängig davon, wie weit Referenzchronologien zurückreichten.
Es gebe zwar viele gute Chronologien, doch diese seien oft im Besitz privater Labore, so Cherubini. Er plädiert deshalb dafür, diese Daten öffentlich zugänglich zu machen, damit die dendrochronologische Datierung noch vertrauenswürdiger werde.
www.science.org/doi/10.1126/science.abj3823