Die «New York Times» beruft sich bei ihrem Bericht auf mehrere mit dem Vorgang vertraute Quellen sowie teils geheime interne Berichte des US-Militärs zu dem Luftangriff vom 18. März 2019. Demnach soll der Luftschlag von einer Spezialeinheit für den Kampf gegen den IS angefordert worden sein und auch die zuständige US-Kommandozentrale im Emirat Katar überrascht haben. Die Zentrale hatte das Lager in Baghus - damals eine der letzten Stellungen des IS - demnach mit einer eigenen hochauflösenden Drohne unter Beobachtung und hatte an dem Ort des späteren Bombeneinschlags nur eine «grosse Ansammlung von Frauen und Kindern» gesehen, die an einem Flussufer kauerten.
Ein zuständiger Militärjurist in Katar soll den Luftangriff umgehend als mögliches Kriegsverbrechen gemeldet haben. Eine gründliche Untersuchung des Vorfalls wurde der «New York Times» zufolge jedoch mehrfach vom Militär verhindert. Die unabhängige Kontrollbehörde des Verteidigungsministeriums soll eine Untersuchung begonnen, aber nie ein relevantes Ergebnis veröffentlicht haben, wie es weiter hiess.
Nachdem die Zeitung die für die Region zuständige Kommandozentrale Centcom mit den Ergebnissen ihrer Recherchen konfrontierte, bestätigte das Militär den Luftschlag erstmals öffentlich, wie es in dem Bericht heisst. Demnach sprach Centcom von einem militärisch gerechtfertigten Luftangriff, bei dem 16 IS-Kämpfer und vier Zivilisten getötet worden seien. Bei den übrigen 60 Opfern sei nicht klar, ob sie Zivilisten gewesen seien, weil beim IS auch manchmal Frauen und Kinder zur Waffe griffen, erklärte Centcom demnach.
Im offiziellen Jahresbericht der US-Streitkräfte zu zivilen Opfern bei Militäreinsätzen im Jahr 2019 wird der Luftschlag auf das Lager in Baghus nicht erwähnt. Bei elf US-Einsätzen in Syrien seien 2019 22 Zivilisten ums Leben gekommen, heisst es dort.