Richterin Deborah Taylor liess den Ex-Profi danach nach Hause gehen – Fluchtgefahr befürchtet man in London also nicht. Am 29. April will die Richterin das Strafmass verkünden. Bis dahin muss Becker zwar nicht mehr – wie in den vergangenen Tagen – auf den zügigen Fluren des Southwark Crown Court ausharren. Eine entspannte Zeit dürfte es für ihn trotzdem nicht werden. Bislang genoss der Wahl-Londoner in der britischen Metropole seine Freiheit. Er kommentierte für die BBC Tennis und erfreute sich – anders als in Deutschland – bei den Britinnen und Briten weiterhin grosser Beliebtheit.
Sieben Jahre Haft drohen
Doch damit könnte demnächst Schluss sein. Theoretisch drohen Becker bis zu sieben Jahre Haft. Er kann danach allerdings noch immer Einspruch einlegen – sowohl gegen den Schuldspruch als auch gegen das Strafmass.
Dem Urteil der Geschworenen zufolge hat der Ex-Tennisstar Teile seines Vermögens im Insolvenzverfahren bewusst nicht vollständig angegeben. Ihrer Ansicht nach hat er unter anderem eine Immobilie in Leimen verschleiert und unerlaubterweise hohe Summen auf andere Konten überwiesen.
«Naiv, aber unschuldig»
Die Anklage hatte Becker in 24 Anklagepunkten vorgeworfen, in seinem Insolvenzverfahren Teile seines Vermögens – darunter Immobilien, Konten und einige der wichtigsten Trophäen seiner Karriere – verschleiert zu haben und die Schuld seinen Beratern zuzuschieben, die sich ihm zufolge um seine Finanzen gekümmert haben. Becker selbst stritt die Vorwürfe ab. Sein Verteidiger erklärte, sein Mandant sei zwar naiv, aber unschuldig. Es sei kein Verbrechen, sich auf Berater zu verlassen. In 20 von 24 Punkten folgte die Jury dieser Argumentation.
Doch der Schuldspruch in vier Punkten könnte ausreichen, um Beckers Leben zu verändern. «Diese Verurteilung ist eine klare Warnung für diejenigen, die glauben, sie könnten ihr Vermögen verbergen und damit davonkommen. Sie werden ermittelt und strafrechtlich verfolgt», hiess es von der Insolvenzbehörde.