Der Interims-Regierungschef hatte Quitels Vorgänger Rockfeller Vincent entlassen - ebenso wie den Staatsanwalt Bed-Ford Claude. Letzterer beantragte vor wenigen Tagen beim zuständigen Richter eine Anklage gegen Henry und untersagte diesem die Ausreise - wegen einer mutmasslichen Verwicklung in dem Mord an Moïse. Es war unklar, ob Claude dazu befugt war. Er wurde am Dienstag abgelöst.
Der 53 Jahre alte Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seiner Residenz von einer schwer bewaffneten Kommandotruppe überfallen und erschossen worden. Seine Ehefrau Martine wurde dabei angeschossen, überlebte aber. Nach Polizeiangaben führten kolumbianische Söldner den Mord aus. Zu den Hintermännern sollen ein haitianischer Arzt, der in den USA wohnte, und ein Ex-Funktionär des haitianischen Justizministeriums gehören. Es gab bisher mehr als 40 Festnahmen, darunter 18 Kolumbianer. Aufgeklärt wurde der Fall bisher nicht.
Was Henry genau vorgeworfen wird, war zunächst unklar. Er soll mit einem der mutmasslichen Hintermänner - dem flüchtigen Ex-Justizfunktionär - wenige Stunden nach dem Anschlag telefoniert haben. Der Generalsekretär von Henrys Regierungskabinett, Renald Lubérice, reichte am Mittwoch seinen Rücktritt ein. In dem Schreiben sagte er, er könne nicht unter einer Person auf dem Posten bleiben, die in der Ermordung von Moïse beschuldigt sei und die Justiz zu behindern versuche. Auch er wurde inzwischen ersetzt. Nach Meinung von Beobachtern gibt es einen Machtkampf zwischen verschiedenen Fraktionen innerhalb der konservativen Regierungspartei PHTK.