Die Staatsanwaltschaft Graubünden wirft dem Präsidenten des Regionalgerichtes Unterengadin Amtsmissbrauch vor. Laut der Anklageschrift hatte der Richter einen Polizeieinsatz in Quadronis Haus angeordnet und durchgesetzt, obwohl noch eine Berufung Quadronis dagegen lief.
Der angeklagte Richter verpflichtete den Whistleblower im Bündner Baukartellskandal 2017 zur Herausgabe einer «Vielzahl von Gegenständen» an die getrennt lebende Ehefrau und die gemeinsamen Kinder. Sollte Quadroni die Gegenstände nicht hergeben, berechtigte der Richter Ehefrau und Kinder die ehemals gemeinsame Wohnung im Unterengadin in Begleitung von Polizeibeamten zu betreten. Dort sollten sie selber ihre Sachen zusammenzusuchen.
Gegen diesen Entscheid erhob Quadroni fristgerecht Berufung. Das Kantonsgericht bescheinigte daraufhin zwar die grundsätzliche Korrektheit der richterlichen Verfügung. Es wies aber darauf hin, dass der Entscheid des Unterengadiner Gerichtspräsidenten wegen der laufenden Berufung formell noch nicht rechtskräftig sei.
Kantonsgericht ignoriert
Über diese Feststellung des Kantonsgerichtes setzte sich der Richter aber laut Anklage hinweg. Er legte für die Herausgabe der Gegenstände einen Termin fest, der in die Zeit des offenen Berufungsverfahrens fiel. Gegenüber der Kantonspolizei signalisierte er zudem fälschlicher Weise, der Einsatz sei mit dem Kantonsgericht abgesprochen. Als Folge landete Quadroni während des Polizeieinsatzes in Handschellen.
Das Fazit der Staatsanwaltschaft lautet: Der Richter «handelte, um die Rechtsposition von Quadroni in seinem Eheschutzverfahren zu schmälern oder zumindest, um bei ihm Ungemach und massiven Ärger zu verursachen». Die Anklage beantragt, ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 15'600 Franken und einer Busse von 3500 Franken zu bestrafen.
Wie der Anklageschrift zu entnehmen ist, hat der Fall keine Verbindung zu Quadronis Rolle im Kartellskandal, sondern betrifft allein seine ehelichen Probleme. Für den angeklagten Richter gilt die Unschuldsvermutung.