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Selenskyj warnt vor Anschlag auf ukrainisches Atomkraftwerk

Saporischschja

Selenskyj warnt vor Anschlag auf ukrainisches Atomkraftwerk

· Online seit 05.07.2023, 07:21 Uhr
Moskau und Kiew bezichtigen sich gegenseitig eines angeblich unmittelbar bevorstehenden Anschlags auf Europas grösstes Atomkraftwerk im Süden der Ukraine. Beweise fehlen beiden – der Ton verschärft sich allerdings.
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verdächtigt Russland einer bevorstehenden Provokation am Atomkraftwerk Saporischschja. «Wir haben jetzt von unserem Geheimdienst die Information, dass das russische Militär auf den Dächern mehrerer Reaktorblöcke des AKW Saporischschja Gegenstände platziert hat, die Sprengstoff ähneln», sagte Selenskyj am Dienstag in seiner täglichen Videoansprache.

Dies diene möglicherweise dazu, einen Anschlag auf die Anlage im Süden des Landes zu simulieren, mutmasste der Staatschef. Er forderte internationalen Druck auf Moskau, um das zu verhindern.

«Leider gab es keine rechtzeitige und breite Reaktion auf den Terroranschlag gegen das Wasserkraftwerk Kachowka. Und das kann den Kreml zu neuen Übeltaten inspirieren», sagte Selenskyj. Im Juni hatte eine Explosion den Kachowka-Staudamm zerstört. Hunderte Ortschaften wurden überflutet. Die Ukraine und der Westen werfen Russland die Zerstörung vor. Moskau dementiert und beschuldigt seinerseits Kiew der Tat.

Russland verdächtigt Ukraine

Schon vor Selenskyjs Videoansprache hatten sich beide Kriegsparteien am Abend mit Vorwürfen überzogen. Bereits in der Nacht zum Mittwoch würden die ukrainischen Streitkräfte versuchen, das AKW Saporischschja mit Raketen und Drohnen anzugreifen, behauptete Renat Kartschaa, Berater des Chefs der russischen Atomenergiebehörde Rosenergoatom, am Dienstag im Staatsfernsehen. Der ukrainische Generalstab wiederum schrieb in seinem täglichen Lagebericht über angebliche Sprengkörper auf dem Dach des AKW, deren Explosion den Eindruck eines Beschusses wecken solle.

Die Sprengsätze seien an den Dächern des dritten und vierten Reaktorblocks angebracht, sollten die Reaktoren selbst aber wohl nicht beschädigen, heisst es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs. Die Ukraine werde nicht gegen die Normen des Völkerrechts verstossen, betonte die Militärführung in Kiew zugleich.

Beweise gibt es keine 

Genau solch einen Verstoss warf Kartschaa den Ukrainern vor. Demnach soll nicht nur das AKW beschossen werden, sondern auch zeitgleich eine mit Atomabfällen bestückte Bombe abgeworfen werden. Beweise für die Anschuldigung brachte der hochrangige Moskauer Beamte nicht vor – genauso wenig wie die ukrainische Seite.

Zwar werfen sich beide Kriegsparteien immer wieder geplante Provokationen rund um das Kraftwerk vor, zuletzt wurden die Anschuldigungen aber stetig schärfer. Jüngst trainierten Rettungskräfte in den Regionen um die ukrainischen Städte Cherson, Mykolajiw, Saporischschja und Dnipro bereits für einen möglichen atomaren Notfall.

AKW unter russischer Kontrolle

Russische Truppen halten das Kraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine seit März 2022 besetzt. Der riesige Komplex geriet während der Gefechte mehrfach unter Beschuss, was international Sorgen vor einer Atomkatastrophe schürte. Aus Sicherheitsgründen wurde das AKW inzwischen heruntergefahren. Eine Beobachtermission der Internationalen Atomenergiebehörde ist vor Ort.

Selenskyj bedankte sich bei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für dessen Bereitschaft, sich für die Sicherheit der Nuklearanlage einzusetzen. Er habe mit Macron über das Kernkraftwerk, aber auch über Waffenlieferungen und den bevorstehenden Nato-Gipfel kommende Woche in Litauen gesprochen, sagte der ukrainische Staatschef. (sda/jaw)

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veröffentlicht: 5. Juli 2023 07:21
aktualisiert: 5. Juli 2023 07:21
Quelle: Today-Zentralredaktion

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