Quelle: ArgoviaToday/Michelle Brunner
Im Kanton Aargau gibt es Hunderte Turnvereine. Fast alle gehören sie zu einem Verband – entweder zum Schweizerischer Arbeiter-Turn- und Sportverband SATUS oder zum Schweizerischen Turnverband STV. Erst vor kurzem öffnete ein neues Turnzentrum in Lenzburg seine Türen für das kantonale Kader. Von Unihockey über Geräteturnen bis hin Leichtathletik und Volleyball – im Argovialand findest du so gut wie alles vertreten.
Pandemie sorgte für Mitgliederschwund
Zurzeit haben viele Turnvereine im Kanton allerdings zu kämpfen, wie Pascal Hunziker vom Aargauer Turnverband auf Anfrage von ArgoviaToday bestätigt. Die Zahlen zeigen klar: In den letzten fünf Jahren haben die Turnvereine fast 3000 Mitglieder verloren. 2022 lag die Mitgliederzahl im Aargau noch bei 40'021, 2018 waren es noch 42'890. Laut Hunziker liegt der Rückgang unter anderem an der Coronakrise: «Die Zahlen zeigen, dass die Pandemie durch geschlossene Turnhallen, eingeschränktes Turnangebot und weniger Wettkämpfe für einen Rückgang gesorgt hat.»
Nicht ganz so drastisch zu spüren bekommen hat die Pandemie der SATUS Turnverein Gränichen. Dieser konnte sich auch in schwierigen Zeiten wacker halten, wie Stephan Wehrli, Verantwortlicher der neu gegründeten Männer-Riege, gegenüber ArgoviaToday sagt. Dank eines 90-minütigen Kinofilms, den der Verein in der Pandemie drehte, blieb der SATUS trotz beschränkten Möglichkeiten zum aktiven Training und Mannschaftssport stets präsent. Auch dieses Jahr setzt der SATUS deshalb bei der Suche nach neuen Mitgliedern wieder auf audiovisuelle Werbung – im Falle der Männerriege mit dem Video, dass du oben sehen kannst.
Geräteturnen boomt – und feiert Erfolge
Nicht nur bei den Regionen und Vereinen ist das Ausmass des Mitgliederschwundes sehr unterschiedlich, sondern auch bei den Disziplinen lassen sich Differenzen erkennen. Eine Sportart, die in Bezug auf den Nachwuchs sehr privilegiert ist, ist folgende: «Das Geräteturnen hat aktuell in vielen Vereinen grossen Zuwachs», so Hunziker. Dies merke man auch auf nationaler Ebene, wenn es um Wettkämpfe geht. «National ist der Aargau im Vereinsturnen Jugend sehr stark. Der Aargau führt den Medaillenspiegel der Schweizermeisterschaften Jugend Vereinsturnen mit drei Gold-, fünf Silber-, fünf Bronzemedaillen und einem Disziplinensieg an. Auch im Vereinsturnen der Aktiven ist der Aargau stark, an der letzten Schweizermeisterschaft konnten vier Gold-, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen erturnt werden.» Im nationalen Kunstturn-Kader finde sich ebenfalls der ein oder die andere Aargauerin, so Hunziker.
Abseits der Turnwelt gab es in letzter Zeit auch einige nationale und internationale Erfolge: Cheyenne Wietlisbach vom STV Untersiggenthal brillierte mit WM-Silber in der Disziplin Sprung am Rhönrad in der Kategorie Juniorinnen und das A-Nationalteam der Männer mit Oberentfelder Beteiligung erkämpfte sich den zweiten Rang an den World Games in der Kategorie Faustball. Bei den Aerobic-Schweizermeisterschaften ist der Aargau seit Jahren ein konstanter Leistungsträger – es verwundert also nicht, dass die amtierenden Schweizermeister im Team Aerobic sowohl bei der Jugend wie auch bei den Aktiven aus dem Aargau kommen.
Um Mitglieder und Nachwuchs kämpfen: Aber wie?
Um die Lücken der Pandemiejahre wieder zu schliessen, setzt der Aargauer Turnverband auf innovative Werbewege und Unterstützung vor Ort. «Wir als Verband müssen uns auf die Sichtbarkeit des Turnsports ausrichten, sei dies durch Kommunikation, Berichterstattung, Networking und unsere Anlässe wie die Aargauer Meisterschaften. Hier sind neue Wege gefragt», so Hunziker.
Wichtig seien individuelle Lösungen und motivierte Leitende, die quasi als inoffizielle Vereinsbotschafterinnen und -botschafter fungieren: «Als Dienstleister stehen wir den Vereinen unterstützend zur Seite, die grosse Arbeit geschieht aber vor Ort in den Gemeinden. Dort gilt es, den Erstkontakt zu ermöglichen. So wie dies Gränichen und viele andere mit viel Herzblut, Einsatz und Kreativität vorzeigen. Die Anwerbung von Nachwuchs und Neumitglieder ist eine grosse Herausforderung. Leider gibt es hierzu keine einfache, globale Lösung. Wichtig sind motivierte und gut ausgebildete Leiter sowie ein Konzept, das den Turnenden entspricht.»
Ganz konkret gebe es für Vereine die Möglichkeit der Organisation von Schnuppertagen und -kursen, Ferienprogramme und Familienangeboten sowie Social-Media-Präsenz und Medienarbeit. Nicht zuletzt sei auch die Präsenz im jeweiligen Dorf wichtig, beispielsweise an Anlässen.