Expertenmeinung

Darum entscheiden sich Kinder gegen eine Übernahme des Familienbetriebs

· Online seit 21.02.2022, 14:54 Uhr
Ein Familienbetrieb wurde früher von Generation zu Generation weitergegeben. Doch mittlerweile hat sich das geändert und auch die Suche nach einer Nachfolge gestaltet sich als schwierig. Bedeutet das nun, dass die Familienbetriebe aussterben?
Anzeige

Die Metzgerei Merz in Schafisheim muss ihren Betrieb nach 22 Jahren schliessen, weil sie den Familienbetrieb nicht der nächsten Generation übergeben können. ArgoviaToday hat bereits darüber berichtet. Dieses Problem besteht auch bei weiteren Aargauer Metzgereien. Bedeutet das nun, dass die Familienmetzgereien oder generell Familienbetriebe künftig von der Bildoberfläche verschwinde?

Generationenwechsel muss früh angesprochen werden

Laut Norbert Kühnis, Leiter Familienunternehmen und KMU bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC Schweiz, kann man nicht generell sagen, dass Familienbetriebe vom Aussterben bedroht sind: «Wir sehen viele familieninterne Übernahmen mit fähigen Nachfolgerinnen und Nachfolger.» Doch damit die Kinder den Familienbetrieb übernehmen, muss man viele Vorbereitungen als Eltern treffen. «Das Thema, ob die Firma an die nächste Generation weitergegeben wird, muss schon früh thematisiert werden.» Falls sich die Kinder bereits bei diesem Gespräch dazu entscheiden, den Familienbetrieb nicht zu übernehmen, kann man zeitgerecht eine kompatible, externe Nachfolge finden. Dies erweist sich jedoch oft als schwierig, da der nachfolgende Besitzer viele Kriterien erfüllen muss: «Die Familieninterne Nachfolge enthält oftmals mehr emotionale Komponenten als die Familienexterne», so Kühnis.

Mitunter spielt die Grösse des Betriebs eine grosse Rolle. «Für grössere Unternehmen wird oftmals am Markt ein neuer Eigentümer gesucht. Mittlere und kleine Betriebe werden oftmals vom Management übernommen und entsprechend weitergeführt», wie Kühnis erklärt. «Bei einer fehlenden Nachfolge kann es auch ganz einfach zur Einstellung der Geschäftstätigkeit und zur Liquidation kommen.» So war es auch bei der Metzgerei Merz in Schafisheim. Betroffen davon sind meist kleinere Betriebe. «Hier spielte sicherlich auch die Attraktivität des betreffenden Berufes eine wichtige Rolle», erläutert der Experte für Familienunternehmen. Der Metzgerberuf scheint also eine der Tätigkeiten zu sein, die an Attraktivität verliert.

Kinder wollen sich selbst verwirklichen

Während früher meist der älteste Sohn das Geschäft der Eltern übernehmen musste, hat sich das heutzutage glücklicherweise verändert: «In der heutigen Zeit werden die Fähigkeiten und Wünsche aller Nachkommen berücksichtigt  – unabhängig vom Geschlecht.» So kann auch die Chancen einer familieninternen Nachfolge erhöht werden.

Doch trotzdem entscheiden sich die Kinder gegen eine Übernahme des Familienbetriebes. Und das oft mit guten Gründen: «Die Übernahme des Familienbetriebs stellt eine grosse Verantwortung dar», wie Kühnis erklärt. Dazu kommt, dass die junge Generation viel mehr Möglichkeiten hat, sich beruflich zu engagieren. «Einige wollen auch ganz bewusst ihren eigenen Weg gehen und sich nicht in ein ‹gemachtes› Nest setzen», so Kühnis. Nicht selten kommt es auch vor, dass familiäre Konflikte bestehen und eine Übernahme des Familienbetriebs gar nicht erst im Raum steht.

(mbr)

veröffentlicht: 21. Februar 2022 14:54
aktualisiert: 21. Februar 2022 14:54
Quelle: ArgoviaToday

Anzeige
Anzeige
argoviatoday@chmedia.ch