Wer mit seinem Leben unzufrieden ist, lässt oftmals auch die Arbeit schleifen. Umso wichtiger ist es, dass die Mitarbeitenden eine gesunde Work-Life-Balance haben. Nicht immer ist das für die Arbeitgeber eine leichte Aufgabe, wie Nils Merz, Professor an der ZHAW weiss. Wir wollten mehr vom Experten wissen.
Weshalb Fokus auf Work-Life-Balance?
Unter der Work-Life-Balance versteht man das Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben. Seit der Coronapandemie wurde dieses nochmals wichtiger, zumal die Mitarbeitenden auf den Geschmack von flexiblen Arbeitszeiten kamen. Um den Wünschen entgegenzukommen, setzen Arbeitgeber vermehrt auf flexible Arbeitsmodelle. «Die Arbeitgeber lassen ihre Mitarbeitenden wählen, ob sie im Homeoffice oder im Büro arbeiten wollen.» Mittlerweile wird laut Merz von den Arbeitnehmenden auch nach zeitlicher Flexibilität gefragt, also wann die Arbeit ausgeführt werden kann.
Von all den oben genannten Modellen trifft man laut Merz in der Schweiz alle an. Aber: «Das Modell der Vier-Tage-Woche ist noch kaum verbreitet.» Im Kanton Aargau ist die Vier-Tage-Woche bereits in einer Baufirma in Schinznach eingeführt worden. Dass eine verkürzte Arbeitswoche auch in der Gastronomie zum Einsatz kommen kann, zeigen die Hotels Trafo und Blue City. Sie führten die 4-Tage-Woche ein, nachdem sie nach einem Pilotprojekt eine positive Bilanz gezogen hatten. Auch zeigen Studien aus dem Ausland, dass Vier-Tage-Wochen einen positiven Einfluss auf die Work-Life-Balance haben.
«Mitarbeitende sind glücklicher»
Forschungen zeigen, dass flexible Arbeitsmodelle einen positiven Einfluss auf die Work-Life-Balance von Mitarbeitenden haben. «Sie sind dadurch glücklicher, motivierter und produktiver», so Merz. «Man hat zudem festgestellt, dass sie mehr Energie und Konzentration für ihre Arbeit haben. Dadurch führen sie ihre Aufgaben effizienter durch», wie der Experte gegenüber ArgoviaToday sagt.
Bei der Umsetzung der Arbeitsmodelle kann es jedoch zu Herausforderungen kommen. «Wenn die flexiblen Arbeitszeiten nicht richtig umgesetzt werden, können negative Effekte auftreten.» Das können laut dem Experten Überarbeitung oder Unzufriedenheit mit der Arbeitsstelle und der Freizeit sein, was wiederum zu erhöhten Fehlzeiten, welche schlimmstenfalls eine Kündigung nach sich ziehen, führen kann. Zudem müssen die Mitarbeitenden aktiver miteinander kommunizieren. «Es liegt in der Verantwortung der Mitarbeitenden, an Informationen und Aufträge der Arbeitgeber zu kommen», so Merz.
Wie kommt das Arbeitgeber entgegen?
Dabei profitieren nicht nur die Mitarbeitenden von einer gesunden Work-Life-Balance, sondern auch die Arbeitgeber. «Die Arbeitnehmer sind engagierter. Das führt zu weniger Fehlzeiten, tieferer Fluktuation und generell besserer Arbeitsleistung», so Merz. Firmen wirken so grundsätzlich attraktiver. «Bei der Stellensuche ist die Möglichkeit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance ein wesentliches Auswahlkriterium seitens Arbeitnehmer.»
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Wenn ein Unternehmen in der heutigen Zeit keine Flexibilität bei den Arbeitszeiten anbietet, können das potenzielle Mitarbeitende als Problem ansehen. Einige Arbeitgeber wollen die neuen Modelle jedoch bewusst nicht umsetzen, laut Merz kann ein Grund dafür beispielsweise der finanzielle Aufwand sein. Hinzu kommt: «Die Einführung von mehr Flexibilität kann je nach Unternehmung zu einem enormen Veränderungsaufwand führen.»
So müssen die Unternehmen zuvor einige Änderungen im Konzept vornehmen. «Es müssen Prozessanpassungen in Arbeitsabläufen, Strategien zur Sicherstellung, dass Arbeitnehmende weiterhin effektiv arbeiten können, Anpassungen der Unternehmenskultur sowie Marketingaufwendungen, um die entsprechende Positionierung im Arbeitsmarkt sicherstellen zu können, gemacht werden.» Ob sich ein Unternehmen dazu entscheidet, den Mehraufwand in Kauf zu nehmen, liegt laut Merz in deren Verantwortung.