Schafmatt, Zälgli, Amerika oder Samichlaus – diese Namen sind allesamt im Aargau zu finden. Es sind nämlich Flurnamen und diese haben in der Schweiz eine lange Tradition. Sie bezeichnen kleine Landschaftsteile und geben so Wäldern, Wiesen, Äckern, Bergen und auch Dorfteilen einen Namen. Bei manchen Flurnamen lässt sich die eigentliche Bedeutung auch heute noch recht einfach ableiten. So weiden auf der Schafmatt in Merenschwand Schafe und im Eichholz in Waltenschwil stehen natürlich Eichen.
Wozu gibt es Flurnamen?
Flurnamen zeigen den Verwendungszweck auf: Sie geben über die Vegetation oder über die Grösse einer Flur Auskunft und geben Hinweise auf die Bodenbeschaffenheit der Umgebung, der Vegetation (Dickhölzli, Schwarzbode), den Ackerbau (Zälgli, Zelgli), Rodungen (Brand, Rüti), Besiedlungsgeschichte und weitere historische Ereignisse (Galgenhau, Landgericht), Besitzverhältnisse oder Zinsabgaben (Samichlause oder Wiehnachte).
«Flurnamen dienen der Orientierung im Raum», erklärt Beatrice Hofmann-Wiggenhauser, Projektleiterin Aargauer Namenbuch. «Die Menschen haben sich seit jeher mit der Hilfe der Flurnamen im Ort orientiert.» Diese wurden meist mündlich von Generation zu Generation weitergegeben, ähnlich wie bei Märchen, Legenden und Sagen.
Darum liegt Amerika auch im Aargau
Der Name Amerika geht auf den Personennamen Amerigo zurück – in dem Fall Amerigo Vespucci (1451–1512). Dieser verstand als Erster, dass es sich bei dem von Kolumbus entdeckten Land um einen neuen Erdteil und nicht um Indien oder Asien handeln muss. Im Jahr 1507 erhielt der neu entdeckte Kontinent den Namen Amerika.
Auch im Aargau gibt es ein Amerika. Der Flurname liegt in Aarau und bezeichnet ein Waldstück im Gebiet Oberholz. Meist bezeichnet Amerika ein abgelegenes, siedlungsfernes Land, das neu erschlossen wurde oder verbunden mit Ereignissen oder Anekdoten ist, die einen Bezug zu Amerika haben.
Flurnamen bringen uns zum Schmunzeln
Häufig klingen Flurnamen für uns heute recht kurios. Warum das so ist, weiss Hofmann-Wiggenhauser: «Unser Mundart ist enorm geprägt durch unterschiedliche Ausdrücke und dialektale Variationen. Das Schweizerdeutsch hat sich in den Flurnamen enorm lange halten können und hält sich heute noch.» Die Namen wurden mündlich von Generation zu Generation weitergegeben, haben ihre mundartliche Aussprache behalten und werden auch heute noch verwendet. Beispiele dafür sind etwa der «Mordchrieghau» in Unterlunkhofen, «Ankenland» in Bottenwil, «Höll» in Oberrüti oder «Tüfelsloch» in Ehrendingen.
Zudem haben sich viele schweizerdeutsche Ausdrücke, die heute nicht mehr geläufig sind, in Flurnamen über die Jahrhunderte hinweg konservieren können. Ein Beispiel: «Der ‹Löli› meint hier keinen Deppen, sondern einen kleinen Wald», so die Expertin. So habe auch der Flurname «Schweini» nichts mit Schweinen zu tun, sondern bezeichne durch die Technik des Schwendes die Art und Weise, wie das Gelände urbanisiert wurde.
Wo finde ich Flurnamen?
Für die Erforschung der Flurnamen ist viel Geduld gefragt. Oft finden die Forschenden Hinweise in etlichen Quellen wie Rechtsurkunden, Grundbüchern, Erbschaften, Streitigkeiten, Grenzbeschreibungen oder Karten. Dies erfordert allerdings intensive Archivarbeit. «Die besagten Quellen reichen oft vom 11. Jahrhundert bis heute.» Dazu müsse man die alten Handschriften entziffern und erst danach müsse der Name auch noch richtig verortet werden, sagt die Projektleiterin. Das kann mitunter mehrere Monate in Anspruch nehmen.
Der Verein Aargauer Namenbuch will mittels Begehungen und Spaziergängen interessierten Personen Flurnamen näherbringen. Bis 2025 werden solche in ausgewählten Gemeinden des Kantons durchgeführt.
Aus mura wird Muri
Dabei fällt auf, dass viele Flurnamen oft mehrfach auftauchen. Das begründet die Sprachwissenschaftlerin folgendermassen: «Ursprünglich war die Reichweite der Flurnamen lokal recht begrenzt. Da es in jedem Dorf Feuchtgebiete gibt, welche mehrheitlich Moos genannt wurden oder Weiden, auf denen sich Rinder aufgehalten haben, finden sich viele Namen doppelt. Gleiches gilt auch für Ortsnamen.» Muri beispielsweise ist ein alemannischer Siedlungsname, welcher vom althochdeutschen Wort «mura» abgeleitet wurde. Dieses ist wiederum abgeleitet vom lateinischen Wort murus und bedeutet Steinmauer. Vermutlich handelte es sich um einen Ort, wo es viele Mauerreste gegeben haben könnte. Im Laufe der Zeit kann sich daraus dann der Name Muri entwickelt haben.
Welche kuriosen Flurnamen kennst du? Schreib es uns in die Kommentare.