Wasserknappheit

«Im Gegensatz zur WC-Spülung produziert die Landwirtschaft existenzielle Lebensmittel»

04.04.2023, 19:43 Uhr
· Online seit 04.04.2023, 19:41 Uhr
Zu geringe Niederschläge und fehlender Schnee: Die Gemeinden Niederwil und Fischbach-Göslikon schränken ab Dienstag, 4. April, den Wasserbezug für die Bevölkerung ein. Für die Landwirtschaft müssen daher in Zukunft andere Lösungen her.
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«Der Grundwasserbestand unseres Pumpwerkes hat sich seit Sommer 2022, als die Wasserbezugseinschränkung verfügt werden mussten, kaum verändert», schreibt die Wasserversorgung Niederwil – Fischbach-Göslikon in einer Mitteilung. «Dies aufgrund der im Langzeitvergleich nach wie vor deutlich geringeren Niederschlägen und des fehlenden Schnees in diesem Halbjahr.» Die Versorgungssicherheit solle aber auch während der Sommermonate gewährleistet sein.

Aus diesen Gründen gilt ab Dienstag in Niederwil und Fischbach-Göslikon eine Beschränkung des Wasserbezuges. Für die Bevölkerung bedeutet dies, dass es verboten ist, Rasen und Gärten zu bewässern, Autos zu waschen oder Pools zu füllen. Davon betroffen ist auch die Landwirtschaft: Bauern dürfen ab diesem Dienstag kein Wasser vom Versorgungsnetz mehr beziehen und es ist verboten, Getreide, Futtermais oder Weiden zu wässern.

Bauernverband plädiert für mittelfristige Lösungen

Für den Geschäftsführer des Aargauer Bauernverbandes Ralf Bucher ist Wasser klar das Thema der Zukunft: «Die frühe Ankündigung überrascht auch uns. Da erst Frühling ist, stellen die Beschränkungen aktuell noch kein Problem dar, doch wir wissen nicht, wie der Rest des Jahres ausfallen wird.» Getreide, Futtermais und Weiden bräuchten glücklicherweise sowieso kaum Bewässerung. Spezialkulturen wie Gemüse seien definitiv dringlicher auf genügend Wasser angewiesen. Darauf wurde bei den Beschränkungen ersichtlich Augenmerk gelegt. Doch: «Wenn sich der Sommer wieder als so trocken herausstellt, müssen dringend andere mittelfristige Lösungen her», so Bucher.

Landwirtschaft benötigt nur 20 Prozent des Wassers

Matthias Müller, Leiter der Landwirtschaft Aargau, kennt sich mit den Mengen des Wasserverbrauchs in der Schweiz bestens aus: «Die Landwirtschaft benötigt rund 20 Prozent des Wassers, das in der Schweiz verbraucht wird. Davon kommt nur die Hälfte aus dem öffentlichen Netz. Die anderen zehn Prozent stammen aus eigenen Quellen.» Auch Müller ist sich hinsichtlich eines möglichen trockenen Sommers bewusst, dass der Wasserbezug für die Landwirtschaft gesichert werden müsse.

Flusswasser könnte Abhilfe leisten

Seit Längerem würden Abklärungen für ein Bewässerungsprojekt laufen, sodass man in Fischbach-Göslikon nicht nur auf die eine lokale Grundwasserreserve angewiesen sein müsse, weiss Ralf Bucher: «Da die beiden Gemeinden direkt an der Reuss liegen, könnte das Flusswasser eine mögliche Alternative bieten, sofern das Wasser den Hygienevorgaben entspricht. Andererseits wurde ich auch schon über ein anderes stillgelegtes Grundwasser-Pumpwerk informiert.»

Prioritäten setzten

Gemäss Matthias Müller verfügt die Schweiz über genügend Wasser. Jedoch müsste bei der Verteilung angesetzt werden, wie er erklärt: «55 Prozent des Trinkwassers benötigt das Gewerbe zusammen mit der Industrie, 25 Prozent die privaten Haushalte.» Um der unverzichtbaren Landwirtschaft entgegenzukommen, müsse man am Verteilproblem optimieren: «Im Gegensatz zu einer Rasenbewässerung oder einer Toilettenspülung produziert die Landwirtschaft existenzielle Lebensmittel», erklärt Müller. Zudem würden Konsumenten mit einem saisonalen regionalen Kaufverhalten dem Problem ebenfalls entgegenwirken.

Pflanzen anbauen, die sich Trockenheit gewohnt sind

Ralf Bucher erklärt, dass in anderen wasserärmeren Regionen im Aargau bereits trockenheitsresistentere Pflanzen angebaut werden: «Sorghum» beispielsweise nennt sich eine spannende Alternative zu Futtermais. In den vergangenen eher trockenen Jahren habe sich der Anbau und die Nachfrage von Sorghumarten ausgedehnt. Die Pflanze ist wie der Mais ein Süssgras und stammt ursprünglich aus Afrika. «Falls die Trockenheit weiterhin bestehen würde, könnten sich solche auch in anderen Regionen etablieren», sagt Bucher.

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veröffentlicht: 4. April 2023 19:41
aktualisiert: 4. April 2023 19:43
Quelle: ArgoviaToday

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