Quelle: TeleM1
Mitte August 2019 kam es im Neumark in Brugg zu einem tragischen Vorfall. Ein damals 50-Jähriger warf seine Tochter in der Öffentlichkeit kopfüber auf den Boden und fügte ihr schwere Verletzungen zu. Aus der Anklageschrift ist zu vernehmen, dass er dem Mädchen unter anderem ein Schädelhirntrauma sowie Prellungen am ganzen Körper zufügte. Von der Staatsanwaltschaft wird wegen versuchten Mordes sowie schwerer Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren, eine ambulante Massnahme sowie ein Landesverweis von 15 Jahren gefordert. Ab Dienstag steht der Fall vor Gericht.
Tochter als Ventil benutzt
Wie es genau zur Tat kam, verrät die Anklageschrift. So sollen die Grossmutter, die Mutter sowie die vierjährige Tochter am 17. August 2019 in einen Bus Richtung Bahnhof Brugg gestiegen sein. Dort wurden sie von dem Beschuldigten abgefangen. Dieser suchte während der Fahrt das Gespräch mit der Tochter, forderte sie auf, zu ihm zu gehen. Die Mutter schaute während dem Gespräch aus dem Fenster und versuchte den Mann zu ignorieren.
Nachdem die Tochter, Mutter und die Grossmutter sowie der Vater aus dem Bus ausgestiegen waren, kam es bei der Unterführung zum Neumarkt zu einem Wortgefecht zwischen den Erwachsenen. Der Beschuldigte habe sich durch den Streit beleidigt gefühlt. Laut der Anklageschrift drehte er sich daraufhin um, packte die Vierjährige an der Hüfte und schleuderte sie mit voller Wucht Kopf voran auf den Boden. Obwohl die Mutter und die Grossmutter den Vater versuchten davon abzuhalten, packte er die Vierjährige erneut an den Beinen, hob sie über seinen Kopf und schleuderte sie ein weiteres Mal mit voller Wucht und Kopf voran zu Boden.
Seine Tat wurde von einer Drogistin beobachtet, woraufhin sie zur Hilfe eilte und das Kind mit dem Körper abdeckte und in Sicherheit brachte. Zwei weitere Passanten zeigten Zivilcourage und drängten den Beschuldigten zurück, um ihn so an einer weiteren Gewaltausübung zu hindern.
Beziehung war ein «Auf und Ab»
Schon vor dem Vorfall soll es laut der Anklageschrift zwischen den Eltern des Kindes immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen sein. Ihre Beziehung wird als ständiges «Auf und Ab» beschrieben. Einmal soll er seine Freundin und Mutter seiner Tochter geohrfeigt haben, woraufhin sie sich von ihm trennte und ihn anzeigte. Der Mann wurde kurzzeitig festgenommen und für zehn Tage vom Wohnort seiner Ex-Freundin verwiesen. Sie brach den Kontakt zu ihm ab.
«Steigerung von Hass»
Wie Fachpsychologe Thomas Spielmann gegenüber ArgoviaToday erklärt, handelt es sich bei dem Verhalten des Angeklagten um eine Impuls- sowie assoziative Persönlichkeitsstörung. Sein Verhalten am Tag der Tat kann er sich nur wie folgt erklären: «Der Mann stammt aus einer Kultur, in der Frauen die Autorität des Mannes nicht anzweifeln dürfen. Das hat die Mutter jedoch gemacht, woraufhin der Angeklagte handgreiflich wurde.» Weiter erzählt der Experte, dass es sich bei der Tat wohl um ein «Hassverbrechen» handelte. «Der Mann hat das Kind verletzt, um der Mutter oder vielleicht auch der Grossmutter einen Schaden zuzufügen. Dabei handelt es sich sogar um eine Steigerung von Hass», so Spielmann.
Wichtig ist laut Spielmann nun, dass die Vierjährige genügend Unterstützung von Fachkräften bekommt. Zu einer stabilen Vater-Tochter-Beziehung wird es in Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht mehr kommen, glaubt der Experte.