«Ich habe am 24. Dezember Geburtstag und bin ein kleines Christkind», sagt die neunjährige Coco. Sie lacht und fügt an: «Da bekommt man immer die meisten Geschenke.» Das, obwohl es nie wirklich viele Geschenke gibt. Cocos Mutter ist alleinerziehend mit drei Kindern und lebt vom Sozialamt. Coco ist eines der Kinder, die bei «Wiehnacht för alli» mitgemacht haben. Ihr Wunsch war der letzte von insgesamt 700 Wünschen, die erfüllt werden konnten. Und das ist ihre Geschichte:
Zehn Tage - zehn Portraits
Im Zuge der Spendenaktion «Wiehnacht för alli» konnten die Weihnachtswünsche von mehr als 700 Kindern aus finanziell benachteiligten Familien im Aargau erfüllt werden. Zehn dieser Familien hat Radio Argovia besucht. Ihre Geschichten und Wünsche sind völlig unterschiedlich und doch haben sie alle eine Gemeinsamkeit: Das Geld ist am Ende des Monats knapp, viele sind auf Sozialhilfe angewiesen. Viele Mütter wurden von ihren Ehemännern sitzen gelassen, andere mussten aus ihrem Heimatland fliehen, wurden krank oder konnten aus anderen Gründen nicht mehr nach der Familie schauen. Finn, Johanna, Nele und Luke sind vier dieser Kinder.
Finn (4)
Finns Mutter wurde mit 17 schwanger. Seit der Geburt ihres Sohnes lebt sie vom Sozialamt, weil sie sich allein um ihr Kind kümmert und wegen der frühen Schwangerschaft keine Ausbildung machen konnte. Finn ist mittlerweile vierjährig, ein völliges Energiebündel und grosser Fussballfan.
Johanna (11)
Johannas Mutter erzählt von ihrer Alkoholsucht. Davon, wie sie immer mehr zu trinken begonnen hat, bis sie vor drei Jahren den Schlussstrich gezogen und einen Entzug gemacht hat. Seither wohnt sie in einem betreuten Wohnheim und ist die meiste Zeit getrennt von ihren beiden Kindern. Vor allem für die ältere Tochter Johanna ist das keine einfache Situation.
Nele (8)
Diese Geschichte erzählt nicht etwa die Mutter, sondern die älteste Tochter. Nina ist 21 Jahre alt als das Doppelleben von ihrem Stiefvater auffliegt. Ihrer Mutter zieht das komplett den Boden unter den Füssen weg, sodass Nina sich um ihre Mutter und die zwei kleinen Schwestern kümmert - psychisch und finanziell.
Luke (6 Monate)
Unter vielen heftigen, teils traurigen Schicksalen gibt es auch schöne und aufmunternde Geschichten. Eine Mutter etwa erzählt, wie sie vor fünf Jahren mit ihrem Mann aus der Türkei flüchten musste. Aus der Millionenstadt Istanbul sind sie in ein kleines Dorf im Aargau gekommen und haben eine Familie gegründet. Ihr Sohn Luke ist ein halbes Jahr alt und soll von Anfang an möglichst viel von der Schweizer Kultur mitbekommen. Zu Weihnachten wünschen sie sich deshalb einen Tannenbaum.
«Wiehnacht för alli» geht in die nächste Runde
Diese Geschichten zeigen, dass Armut jeden treffen kann und nicht immer selbstverschuldet sein muss. Dass es den «Sozialfall» nicht gibt und meist aus einer Verstrickung von ganz vielen Ereignissen und Entscheidungen resultiert. Umso wichtiger, dass wir als Gesellschaft in solchen Momenten zusammenhalten und uns solidarisch zeigen.
Mit dem letzten Wunsch, der heute Morgen erfüllt wurde, geht «Wiehnacht för alli» nun in die nächste Runde: Zwischen dem 15. und dem 21. Dezember werden die Geschenke zu den jeweiligen Familien ausgefahren, damit sie alle rechtzeitig zu Weihnachten unter dem Baum liegen.
Alle Portraits kannst du übrigens hier nachhören.