Wahlkampf

«Boomerhaft und nicht innovativ» – PR-Experte findet SVP-Clip langweilig

· Online seit 14.08.2023, 12:20 Uhr
Die Sommerferien sind so gut wie vorbei und die Parteien planen ihren Wahlkampf für den Herbst. Die SVP publizierte hierzu einmal mehr ein Musikvideo. Ob es den gewünschten Effekt haben wird, erklärt ein Kommunikationsexperte.

Quelle: Zur Verfügung gestellt/Thomas Matter

Anzeige

In ihrem Video, pünktlich zum Wahlkampf-Beginn, tanzt die SVP-Elite in einem Club und singt: «Lebenswert ist unser Land, gebt es nicht aus der Hand». Man solle jeden Tag etwas tanzen, skandieren Martullo-Blocher, Glarner und Co. und zwar gegen «all die schlechten News, Klebstoff-Schnüffler und Rasta-Groove».

Experte beschreibt Werk als «Boomer-Video»

Mit Humor und Rhythmus will die Schweizerische Volkspartei also Bewegung in den Wahlkampf bringen. Das erste Video der Partei ist es nicht. Bereits vor acht Jahren landete die SVP mit «Welcome to SVP» einen viralen Hit. Auf YouTube erreichte er eine Million Klicks und landete sogar in der Hitparade. PR-Experte Stephan Oehen ordnet das neue musikalische Werk im Gespräch mit den CH-Media-Radionews ein.

Hilft eine solche Aktion der Partei im Wahlkampf?

Stephan Oehen: Besonders jetzt, wenn die ganze Schweiz aus den Ferien zurückkommt, ist es wichtig, dass man aktiv und sichtbar wird. Der Wahlkampf beginnt jetzt. Das ist ein gutes Instrument für ebendiesen.

Mit diesem Video zelebriert die SVP eine vermeintliche Offenheit. Eine Offenheit, dass sogar ein Bundesrat tanzt und singt. Gewisse Leute würden sagen, dass das ein «Boomer-Video» ist. Also etwas, was eher Ältere machen, um lustig zu sein. Vielleicht nehmen sie sich auch selber gar nicht so ernst und lachen darüber, wiederum andere Menschen werden sich über die SVP lustig machen und so ist das Ziel, ernst genommen zu werden, sicherlich nicht erreicht.

Verliert der Bundesrat Albert Rösti an Glaubwürdigkeit durch seinen Tanzauftritt?

In der heutigen Zeit ist das absolut normal und an und für sich auch sympathisch, wenn sich ein Bundesrat als Mensch wie wir alle zeigt. Auf der anderen Seite muss man sich überlegen, ob er sich in einem solchen Video auch auf die richtige Art zeigt. Das muss aber die Partei einschätzen. Der Kommunikationsexperte kann das so nicht beurteilen.

Reicht ein solches Video noch aus, um im Wahlkampf aufzufallen?

Neue Wählerkreise bringt ein solches Video sicher nicht. Auch an der Urne bringt das Werk keinen zusätzlichen Erfolg. Mit sowas will man einfach lustig sein. Das Musikvideo ist aber nichts Innovatives und es ist auch nicht neu. Es ist schön, es ist unterhaltsam, aber auch ein wenig seltsam.

Viral ging der Clip noch nicht. Hätte die SVP eher einen TikTok-Trend mitmachen müssen?

Wenn eine Partei neue Wählerkreise erreichen will, junge Leute zum Beispiel, dann dürfen sie sich nicht nur auf den Plattformen bewegen, die die Jungen nutzen, sondern es müssen auch die Inhalte stimmen. Hier stimmt der Kanal nicht mit dem Inhalt überein. Der Inhalt ist veraltet. Das bringt junge Wählerinnen und Wähler sicher nicht in Richtung SVP.

Könnte das, wenn man beachtet, dass es zu allem hin auch noch abgekupfert ist, am Ende ein Schuss ins eigene Bein sein?

Die Melodie im Refrain ist unverkennbar «We are Family» von der Band Sister Sledge. Das Lied wurde aber schon x-mal auch in Werbungen verwendet. Ich gehe davon aus, dass die Rechte vorgängig abgeklärt wurden. Es ist etwas, was jetzt gerade aktuell ist und morgen haben wir es wieder vergessen. Es ist weder originell noch innovativ, sondern einfach etwas, was man gemacht hat, weil man lustig sein wollte.

Finden Sie es persönlich lustig?

Persönlich muss ich ganz klar sagen: Ich finde es ziemlich langweilig. Ich finde es boomerhaft und sicher nicht innovativ.

Alles nur geklaut

Dass das Lied stark an «We are Family» erinnert, fiel auch Patrick «Karpi» Karpiczenko auf. In einem Beitrag auf Twitter schreibt er an den amerikanischen Musikproduzenten Nile Rodgers und meint: «Die rechtspolitische Partei der Schweiz hat ein Cover ihres Songs ‹We are Familiy› veröffentlicht. Ich nehme an, dass sie die Genehmigung dafür eingeholt hat?», schreibt dieser.

Viele seiner Follower begrüssen den Move, den Clip zu melden. Andere kommentieren aber auch, wieso man dem Ganzen überhaupt so viel Aufmerksamkeit angedeihen müsse. Während ein User witzelt, dass man bei dem Video, schaue man es ohne Ton, eher an «I Can't Dance» denken müsse, hat ein anderer zu dem Ganzen nur etwas zu sagen: «Würg!»

veröffentlicht: 14. August 2023 12:20
aktualisiert: 14. August 2023 12:20
Quelle: Today-Zentralredaktion

Anzeige
Anzeige
argoviatoday@chmedia.ch