Schweiz

Schweizer müssen im Sudan ausharren

Schwere Kämpfe

Schweizer müssen im Sudan ausharren

· Online seit 21.04.2023, 13:14 Uhr
Die Schweiz evakuiert ihr Botschaftspersonal im Sudan vorerst nicht. Auch die anderen rund hundert Schweizer Staatsangehörigen müssen im Kriegsland ausharren. Laut dem Aussendepartement lässt die gegenwärtige Lage eine organisierte Ausreise nicht zu.
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Die Schweiz evakuiert ihr Botschaftspersonal im Sudan vorerst nicht. Auch die anderen rund hundert Schweizer Staatsangehörigen müssen im Kriegsland ausharren. Laut dem Aussendepartement lässt die gegenwärtige Lage eine organisierte Ausreise nicht zu.

«Die Kämpfe dauern an», sagte Serge Bavaud, Chef des Krisenmanagements im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Freitag in Bern. Anzeichen für Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien über ein Ende der Gefechte gebe es trotz internationalen Drucks keine.

Botschaft in umkämpftem Quartier

In einem Hintergrundgespräch mit Journalisten sprach Bavaud von einer unvorhersehbaren und gefährlichen Lage. Erschwert werde die Situation für die Schweizer Botschaft dadurch, dass sich ihr Sitz in einem umkämpften Teil der sudanesischen Hauptstadt Khartum befinde. Die Mitarbeitenden sässen zum Teil in der Botschaft fest. Zum Teil könnten sie ihre Wohnungen nicht verlassen und arbeiteten von dort aus.

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Die Residenz des Botschafters sei getroffen worden, Wohngebäude von Mitarbeitenden beschädigt, erläuterte Bavaud. Derzeit sind sieben Schweizer Diplomatinnen und Diplomaten im Sudan stationiert. Hinzu kommen fünf Begleitpersonen und zwei Schweizer Staatsangehörige, die vom Verteidigungsdepartement entsandt wurden und in Khartum für eine Uno-Mission arbeiten. Ausserdem beschäftigt die Schweizer Botschaft rund 50 Einheimische, davon 30 Wachmänner.

«Schwieriger als in Afghanistan»

Bavaud berichtete von einer schwierigen humanitären Situation in Khartum. Es komme zu Plünderungen, die Versorgung sei problematisch. Zudem sei es nicht einfach, verlässliche Informationen zur Sicherheitslage zu erhalten. Die militärische Lage sei unübersichtlich.

Insgesamt gestaltet sich das Krisenmanagement laut dem Diplomaten schwieriger als bei der Machtübernahme der afghanischen Taliban in Kabul im Jahr 2021. Denn in Kabul habe es bereits eine internationale Militärpräsenz gegeben. In den Sudan hingegen könne die Staatengemeinschaft nicht einfach Truppen entsenden, schliesslich handle es sich um einen souveränen Staat.

Kämpfe am Flughafen

All dies verunmöglicht nach Einschätzung des EDA eine Evakuierung der Botschaft und eine organisierte Ausreise für Schweizerinnen und Schweizer.

Derzeit gebe es keine Sicherheitsgarantien der Konfliktparteien, erklärte Bavaud dazu. Der Betrieb des Flughafens sei eingestellt, auch dort werde gekämpft. Ohnehin sei eine Evakuierung wohl nur mit militärischen Transportflugzeugen realistisch – dass Fluggesellschaften ihre Maschinen zur Verfügung stellten, sei unwahrscheinlich.

Er hoffe auf einen Waffenstillstand und ein Zeitfenster für eine Evakuierung, sagte Bavaud. Man sei in dieser Frage mit anderen Staaten und der EU in Kontakt. Der Diplomat verwies auf einen Versuch Deutschlands, einen Evakuierungsflug durchzuführen. Die Bundeswehr hatte das Vorhaben am Mittwoch aufgeben müssen.

Machtkampf zwischen Generälen

Laut EDA sind rund hundert Schweizerinnen und Schweizer als im Sudan lebend registriert. Dass alle ausreisen möchten, glaubt man beim Bund nicht. Viele dieser Personen hätten ihr Leben im Sudan, einige seien schweizerisch-sudanesische Doppelbürger.

Nur rund ein Dutzend Personen habe bislang Interesse an einer organisierten Ausreise bekundet, sagte Bavaud. Nicht alle Schweizerinnen und Schweizer seien vom Konflikt betroffen, betonte er. Informationen über verletzte Schweizerinnen und Schweizer lägen dem EDA derzeit nicht vor.

Im Sudan waren am Samstag Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021.

De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Zuletzt hatten sich Hoffnungen auf eine Waffenruhe zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan zerschlagen.

veröffentlicht: 21. April 2023 13:14
aktualisiert: 21. April 2023 13:14
Quelle: Today-Zentralredaktion

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