Mehrere Millionen Franken gehen jährlich als Spenden auf das Konto des Schweizer Tierschutzes (STS) ein. Allein im letzten Jahr erhielt die Organisation acht Millionen Franken aus Erbschaften und Spenden. Eingesetzt werden soll das Geld «zum Wohl der Tiere».
Wegen finanzieller Ungereimtheiten haben jetzt aber zwei Staatsanwälte der Abteilung für Wirtschaftsdelikte in Basel ein polizeiliches Ermittlungsverfahren gegen frühere, wie auch aktuelle Vorstandsmitglieder initiiert, schreiben die Zeitungen der CH Media.
Suspendierung nach Strafanzeige
Erst kürzlich wurde bekannt, dass zwei Vorstandsmitglieder Starfanzeige eingereicht hatten. Die SP-Nationalrätin Martina Munz und ETH-Agraringenieur Michel Roux wurden daraufhin suspendiert. Bei der Anzeige ging es um ungetreue Geschäftsführung, Zweckentfremdung von Spenden, überrissene Spendenbezüge, aber auch um fragwürdige Immobiliengeschäfte.
Wie die Zeitungen der CH Media berichten, könne den Unterlagen entnommen werden, dass die Vereinsfinanzen bislang nicht professionell betreut wurden. Das zeige sich darin, dass es keine Jahresbudgets gebe, keine Erfolgsrechnungen und keine operativ Verantwortliche für die Finanzen. Jedoch wurde auf der anderen Seite grosszügig mit Spesen und Vergütungen umgegangen.
Finanziell fahrlässige Aufträge
Was weiter fehlt, ist ein internes Kontrollsystem. Dieses ist laut Zivilgesetzbuch bei einer Organisation dieser Grösse vorgeschrieben. Weiter seien die Zewo-Richtlinien nicht ansatzweise eingehalten worden. Bei den Zewo-Richtlinien handelt es sich um 21 Punkte, die eine Non-Profit-Organisation erfüllen muss, um zu bescheinigen, dass die Spenden in guten Händen sind. Dies scheint hier also nicht Fall zu sein.
Wirtschaftsprüfer analysierten Geschäftsprozesse des STS-Immobilienportfolios der letzten beiden Jahre und stellten fest, dass in allen Fällen die Sorgfaltspflichten verletzt wurden. Es ist von «finanziell fahrlässigen» Bauaufträgen die Rede und auch davon, dass der unternehmerische Aufwand am Ende kleiner war, als die verrechnete Pauschalen. «Es besteht ein grosses Risiko, dass nicht die bestmöglichen Verkaufskonditionen erreicht wurden», heisst es in dem Bericht der BDO, eine der führenden Wirtschaftsprüfungs-, Treuhand- und Beratungsgesellschaften der Schweiz.
Liegenschafts-Fail trotz Immobilien-Boom
Die in der Kritik stehende Präsidentin des STS, Nicole Ruch, antwortete bei Konfrontation mit folgenden Worten: «Es wurden keine Unregelmässigkeiten festgestellt.» Der Bericht müsse im Vorstand diskutiert werden und brauche allenfalls Ergänzungen und weitere Abklärungen. Aus diesem Grund könne der Bericht noch nicht veröffentlicht werden.
Wie es laut CH-Media-Zeitungen aber heisst, hat der STS mit seinen 16 Liegenschaften im letzten Jahr Verluste in sechsstelliger Höhe eingefahren. Und das trotz Immobilien-Boom.
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Abgänge unter Präsidentin Ruch häufen sich
Nach eigenen Aussagen engagierte sich SP-Nationalrätin Martina Munz seit eineinhalb Jahren für die Aufklärung von Missständen und Reformen. Sie fordert zusammen mit dem neuen Vorstandsmitglied Michel Roux, dass «die Finanzen des ‹Schweizer Tierschutzes› den heutigen Anforderungen einer spendenbasierten Organisation entsprechen und die Zewo-Standards erfüllen». Präsidentin Ruch lehnte die Zewo-Zertifizierung bislang vehement ab.
Seit Ruch das Präsidium übernommen habe, häufen sich Abgänge. So haben neben dem Geschäftsleiter 12 von 20 Mitarbeitenden den Kontrolldienst verlassen. Dieser schützt Nutztiere und führt Inspektionen bei Grossverteilern durch.
«Schockiert über die Zustände im Gremium»
Auch der bekannte TV-Moderator Kurt Aeschbacher warf nach nur wenigen Monaten im Zentralvorstand das Handtuch. «Ich war bereits nach der ersten Sitzung schockiert über die Zustände in diesem Gremium», so Aeschbacher, der als Kommunikationsverantwortlicher hätte amten sollen.
Über die laute Kritik aus den eigenen Reihen zeigt sich Ruch enttäuscht und traurig. Sie sei «Tierschützerin mit Herzblut» und habe zahlreiche überfällige Reformen initiiert. Wie Ruch gegenüber CH Media erklärt, wolle sie eine Zewo-Zertifizierung nun doch prüfen lassen. Zuvor hatte sie diese mehrfach abgelehnt.
(roa)