An den Olympischen Spielen in Tokio hatten Nina Betschart und Tanja Hüberli von einer Medaille geträumt, wurden in den Achtelfinals jedoch jäh gestoppt. Nach fünf vergebenen Matchbällen scheiterten sie in einem packenden Duell an ihren Landsfrauen Joana Heidrich und Anouk Vergé-Dépré, die sich später mit der Bronzemedaille belohnten.
Dementsprechend gross war die Enttäuschung bei Betschart/Hüberli, weil es ihnen beim Saisonhöhepunkt nicht gelungen war, ihr bestes Beachvolleyball abzurufen. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, rafften sich die 25-jährige Zugerin Betschart und ihre drei Jahre ältere Partnerin aus dem Kanton Schwyz auf und spielten sich an der EM in Wien den Frust von der Seele.
In Abwesenheit der Titelverteidigerinnen Heidrich/Vergé-Dépré und einiger anderer Topteams nutzten die als Nummer 3 gesetzten Schweizerinnen die Gunst der Stunde und belohnten sich nach einer perfekten Woche mit sechs Siegen in ebenso vielen Spielen mit dem ersten grossen Titel ihrer Karriere. Es ist der Lohn für die harte Arbeit über viele Jahre.
Kopf aus der Schlinge gezogen
Einzig im Halbfinal gegen die Deutschen Karla Borger/Julia Sude hatten die WM-Vierten von 2019 eine heikle Phase zu überstehen, als sie nach dem Satzausgleich - es war ihr einziger Satzverlust in diesem Turnier - im Tiebreak bei 11:14 drei Matchbälle abwehren mussten. Der Final gegen die EM-Debütantinnen Katja Stam/Raïsa Schoon war dann eine einseitige Angelegenheit und endete mit einem klaren 21:15, 21:12-Erfolg. Die jungen Niederländerinnen hatten zuvor im Halbfinal die Olympia-Vierten Anastasija Kravcenoka/Tina Graudina aus Lettland eliminiert.
Eine besondere Genugtuung war die Goldmedaille für Hüberli, nachdem sie zuvor schon zweimal in einem EM-Final gestanden hatte, diese aber 2014 an der Seite von Tanja Goricanec und 2018 zusammen mit Betschart jeweils gegen ein niederländisches Duo verlor.
Jubel, Trubel, Emotionen
«Wir sind überwältigt von den Emotionen. Wir wollten hier Tokio vergessen machen. Es ist uns gelungen, uns im Vergleich zu den letzten Wochen nochmals zu steigern», zeigte sich Hüberli nach dem gewonnenen Final im Platzinterview überglücklich. Mit viel Getöse liess sich die starke Blockerin zusammen mit ihrer Partnerin von der grossen Menschenmenge in der Arena am Wiener Heumarkt gebührend feiern. Und Betschart schob nach: «Es war zuletzt nicht immer einfach, vor leeren Rängen zu spielen. Deshalb haben wir uns umso mehr gefreut, hierher zu kommen.»
Nach den zuletzt erfreulichen Resultaten mit Olympia-Bronze von Heidrich/Vergé-Dépré und nun dem EM-Titel von Betschart/Hüberli darf man aus Schweizer Sicht gespannt auf den Abschluss der Saison 2021 blicken. Als letztes Hurra stehen vom 8. bis 12. September die World Tour Finals in Italien mit den besten Teams des Jahres im Programm.