Für viele Eltern in den USA scheint die Lage derzeit beängstigend. In weiten Teilen des Landes fehlt derzeit die Babymilch. Mit einer Luftbrücke will die US-Regierung nun gegen die dramatischen Lieferengpässe vorgehen. Um Familien mit dem Milchpulver versorgen zu können, greift die US-Regierung auf ein Rüstungsgesetz aus dem Kalten Krieg zurück.
US-Präsident Joe Biden entschied, das ursprünglich für Kriegszeiten eingeführte Gesetz «Defense Production Act» anzuwenden, um die Produktion von Babynahrung anzukurbeln, wie das Weisse Haus am Mittwochabend mitteilte. Konkret ordnete Biden an, dass Hersteller von Säuglingsmilchnahrung von Lieferanten bevorzugt vor anderen Kunden mit den nötigen Zutaten versorgt werden.
Verkehrsflugzeuge des Verteidigungsministeriums sollen genutzt werden
Das Gesetz erlaubt es US-Präsidenten, im Interesse der nationalen Sicherheit in die Privatwirtschaft einzugreifen. In der Corona-Pandemie war die Regelung zuletzt bereits zum Einsatz gekommen, um Unternehmen zur verstärkten Herstellung von medizinischen Geräten und Schutzmasken zu verpflichten.
Um den Import von Babymilchpulver zu beschleunigen, habe Biden nun ausserdem angewiesen, dass Verkehrsflugzeuge des Verteidigungsministeriums genutzt werden könnten, um Säuglingsnahrung aus dem Ausland in die USA zu bringen, hiess es weiter. Wie schon zu Beginn der Corona-Pandemie, werde das Pentagon seine Verträge mit kommerziellen Luftfrachtunternehmen nutzen, um Produkte aus ausländischen Produktionsstätten zu transportieren. Die Umgehung der regulären Luftfrachtrouten spare viel Zeit.
Fabrikausfall sorgt für Mangel
Hintergrund des Mangels ist der Ausfall einer Fabrik des grössten Herstellers von Säuglingsmilchnahrung in den USA, Abbott. Der Produzent hatte mehrere Produktlinien zurückgerufen, nachdem womöglich wegen bakterieller Verunreinigungen vier Säuglinge erkrankt und zwei gestorben waren. Die Produktion in einem Werk der Firma im Bundesstaat Michigan wurde vorerst komplett gestoppt.
Erst am Montag hatte die US-Regierung angekündigt, wegen der Engpässe mehr Importe von Babymilchpulver zuzulassen. Die führenden europäischen Hersteller Reckitt Benckiser und Nestlé hatten am Dienstag bekannt gegeben, mehr Babynahrung als gewöhnlich in die USA zu exportieren.
Suchanfragen für Herstellung von Muttermilchersatz steigen an
Die US-Arzneimittelbehörde FDA einigte sich nach eigenen Angaben auch mit Abbott auf diverse Vorkehrungen, um die betroffene Fabrik wieder zu eröffnen. Bis die Produktion dort aber wieder angelaufen sei und Säuglingsmilchnahrung in den Handel ausgeliefert werden könne, werde es mehrere Wochen dauern, teilte das Unternehmen mit.
Berichten zufolge zirkulieren derzeit alte Rezepte zur Herstellung von Muttermilchersatz zu Hause, wie das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» schreibt. Laut Google Trends sind die Suchanfragen für derartige Formeln in den vergangenen Tagen um 2400 Prozent angestiegen. Experten warnen jedoch eindringlich davor, selbst Ersatz zu mischen.
(sda/sib)