100 Jahre Badenfahrt

Von Friedenskongress bis Apèro: Das steckt hinter dem Fest der Feste

15.08.2023, 11:43 Uhr
· Online seit 15.08.2023, 05:58 Uhr
Bekannt ist die «Badenfahrt» mittlerweile vor allem für ihre selbst gebauten Beizli und die einfallsreichen Mottos. Doch das Fest reicht bis ins Mittelalter zurück. Wir haben das Feld für euch von hinten aufgerollt und liefern eine Erklärung zur Tradition.
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Alles begann im Jahr 1514. Damals tauchte der Begriff der «Badenfahrt» zum ersten Mal in einer Aufzeichnung auf. Die Rede war damals von einem aufkommenden Heilkurort. Der europäische Adel und die Elite reisten deshalb in die Aargauer Stadt, um zu kuren und sich für einen Tag so richtig zu entspannen. Die sogenannte «Badenfahrt» führte zu einem regen gesellschaftlichen Leben im Städtchen.

Zürcher nutzten Baden als Rückzugsort

Nach der Reformation, welche im frühen 16. Jahrhundert stattfand, begaben sich dann auch die Zürcher ins katholisch gebliebene Baden. Das, um zeitweise den strengen zwinglianischen Sittenvorschriften zu entkommen. Im Verlaufe des 18. Jahrhundert verlor Baden als Heilbad dann an Bedeutung. Erst ab den 1830er-Jahren erfolgte ein Wiederaufschwung und die Entwicklung zum international orientierten Bädertourismus.

Im Jahr 1847 wurde dann die «Spanischbrötlibahn», welche von Zürich nach Baden fuhr, erbaut. Es handelte sich um die erste ganz auf schweizerischem Boden liegende Eisenbahnstrecke der Schweiz. Sie trug dazu bei, dass der weltweite Bädertourismus zurück in das Städtchen im Aargau kehrte.

Erste Badenfahrt der Neuzeit

Die erste moderne Badenfahrt geht auf das Jahr 1923 zurück. Baden, das mittlerweile ein Industriestandort war, erlebte in diesem Jahr wirtschaftlich und politisch schwierige Zeiten. Denn fünf Jahre nach dem Ersten Weltkrieg schien auch in Baden der Zusammenhalt in der Bevölkerung auseinanderzubrechen. Deshalb wollte die «Gesellschaft der Biedermeier» ein grosses Volksfest planen, welches sie «Badenfahrt» nannte – gleichnamig wie ein Buch, das von David Hess verfasst wurde.

Sogleich fand zwischen dem 23. und 30. September 1923 die erste moderne «Badenfahrt» statt. Die Begründung für das Fest hat das Organisationskomitee in der damaligen Festschrift wie folgt begründet:

So kam es, dass das erste Motto der Badenfahrt der Badener Friedenskongress von 1714 war. Die gesammelten Gelder wollte man für den Bau eines neuen Theaters verwenden. Der Plan ging auf, denn das Fest brachte der neu gegründeten Theaterstiftung die finanzielle Grundlage für den Neubau.

«Spuk um die Spanischbrötlibahn»

Erst 14 Jahre später, im Jahr 1937, fand die zweite Badenfahrt statt. Das unter dem Motto: 90 Jahre «Spanischbrötlibahn». Am Fest beteiligten sich damals noch rund 60 Vereine und über 1200 Mitwirkende. Dort hatte auch der Badenfahrtmarsch seinen Ursprung, welcher von Ferdinand Oskar Leu komponiert wurde.

Die dritte Badenfahrt wurde im Jahr 1947 veranstaltet. Geprägt wurde auch diese von schwierigen wirtschaftlichen Zeiten. Man nutzte das Fest, um sich an die prosperierenden Zeiten von Baden als Bade- und Kurort zu erinnern und in vergangene Glanzzeiten einzutauchen. Neben dem Jubiläum wurde auch das Ende des Zweiten Weltkrieges gefeiert sowie die überstandene Krise. Der Besucherauflauf war an den drei Festtagen riesig. Zwischen 40'000 und 90'000 Zuschauerinnen und Zuschauer wurden gezählt. Doch neben dem Festumzug und zahlreichen kulturellen Veranstaltungen fand 1947 mit «Spuk um die Spanischbrötlibahn» erstmals auch ein Festspiel statt.

«Kleine Badenfahrt» und «Grosse Badenfahrt»   

Nachdem die ersten drei Badenfahrten so erfolgreich waren, gründete man im Jahr 1951 einen Verein mit dem Namen «Badenfahrt Komitee». Zweck war es, die «Durchführung der traditionellen Badenfahrt» zu planen. Dennoch fand erst 16 Jahre später, im Jahr 1967, die nächste Badenfahrt statt. Erst ab dann versuchte das Komitee einen Fünfjahresrhythmus für das Fest zu etablieren. Zwischen 1972 und 1987 konnte der Festrhythmus eingehalten werden. Die jeweils in den 2er-Jahren veranstalteten Festlichkeiten nannte man «Kleine Badenfahrt» oder «Stadtfest», wie beispielsweise im Jahr 2012. Diese waren rund einen Drittel kleiner als die «Grosse Badenfahrt», welche in den ungeraden Jahreszahlen stattfand.

Jedoch liess sich der Fünfjahresrhytmus aus unterschiedlichen Gründen nicht immer aufrecht erhalten. So wurde im Jahr 1972 das erste Mal der Zehnjahresrhythmus eingeführt. Ganz unter dem Motto: 125 Jahre Spanischbrötlibahn und zur Feier des neuen Bahnhofplatzes. Es pendelte sich der momentan übliche Festrhytmus von zehn Jahren ein, aber auch der ist nicht in Stein gehauen.

«NEO-»: Die Badenfahrt feiert Jubiläum!

Die letzte Badenfahrt fand im Jahr 2017 unter dem Motto «Versus» statt. Sechs Untergebiete oder drei Versuspaare konkretisierten dies inhaltlich und gestalterisch: Oben vs. Unten, Alt vs. Neu und Nord vs. Süd. Das Fest war grösser denn je, das Gebiet erstreckte sich entlang der Limmat, vom Kurpark bis zur Aue. Die Hochbrücke wurde zum Festgebiet für den Privatverkehr gesperrt. Insgesamt 95 Konzepte wurden vom Organisationskomitee ausgewählt und baulich umgesetzt. Dazu kamen drei Hauptbühnen der Badenfahrt, auf denen während den Festtagen knapp 130 Konzerte stattfanden. Insgesamt waren rund 1000 verschiedene Unterhaltungsprogramme zu sehen. Mit mehr als 1,2 Millionen Besucherinnen und Besuchern erreichte die Badenfahrt 2017 jedoch eine kritische Grösse.

In nur wenigen Tagen feiert Baden nun das 100-jährige Bestehen der Badenfahrt und somit auch, ganz nach dem Motto «NEO-», Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sowie Vielseitigkeit, Wandelbarkeit und Neuinterpretation. Wir werden wohl erneut Geschichte schreiben!

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veröffentlicht: 15. August 2023 05:58
aktualisiert: 15. August 2023 11:43
Quelle: ArgoviaToday

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