Nachdem Nicole Glauser aus dem Schneisinger Gemeinderat zurückgetreten war, wollte man die offene Stelle möglichst schnell besetzen. Mittlerweile sind allerdings bereits drei Wahlgänge verstrichen, ohne dass ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden wurde. Damit fehlt der Gemeindeexekutive nach wie vor ein fünftes Mitglied.
Adrian Baumgartner, Gemeindeamman von Schneisingen, kann nur mutmassen, warum sich die Suche nach einem neuen Gemeinderatsmitglied so schwierig gestaltet. «Wir haben keine Ortsparteien. Es gibt also niemanden, der von sich aus nach Leuten sucht», wagt er einen Erklärungsversuch. Ebenso sei der Rücktritt von Nicole Glauser kurz nach den Gesamterneuerungswahlen eher überraschend gekommen. Kaum jemand hätte damit gerechnet.
Mehrere Aargauer Gemeinden sind auf der Suche nach Gemeinderatsmitgliedern
Schneisingen ist aber nicht die einzige Gemeinde im Aargau, die Mühe hat, freie Plätze im Gemeinderat zu füllen. Auch Lengnau ist verzweifelt auf der Suche nach neuen Vertreterinnen und Vertretern, nachdem im letzten Herbst gleich vier Ratsmitglieder ihre Demission bekanntgegeben haben. Ebenso waren auch die Gemeinden Mönthal, Bünzen oder Mülligen von fehlenden Mitgliedern betroffen (ArgoviaToday hat darüber berichtet).
Der Mönthaler Gemeindeammann René Birrfelder erklärte damals, warum es schwierig ist, geeignete Nachfolgerinnen oder Nachfolger zu finden. «Viele haben Angst vor der zeitintensiven Arbeit, die auf sie zukommen wird. Zudem trauen es sich ein paar nicht zu, diese Aufgabe zu übernehmen.» Auch der 30-jährige Aargauer FDP-Grossrat Yannick Berner sieht dieses Problem. «Ich glaube, es liegt daran, dass es ein Milizamt ist. Heutzutage ist es schwierig, Leute zu finden, die sich Zeit nehmen und die vielen Stunden aufopfern, um sich für die Gemeinde einzusetzen.» Er glaubt aber weniger, dass es an einem finanziellen Anreiz fehlt. Vielmehr liege das Problem darin, dass viele neben Job und Familie nicht noch die Zeit dafür hätten, sich in der Gemeindepolitik zu engagieren.
Neben dem allgemeinen Mangel an potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten fehlt es aber vor allem auch an jüngeren Personen, die sich auf Gemeindeebene einbringen möchten. Hier sieht Berner die Verwurzelung als Problem. «Wenn man jung ist, wechselt man plötzlich mal den Wohnort oder geht ins Ausland. Dieser Freiheitsbedarf führt dazu, dass man sich noch nicht festlegen möchte für ein Amt mit dieser Verantwortung. Je älter man wird, desto sesshafter wird man. Dann ist die Hingabe zur eigenen Gemeinde stärker», begründet Berner.
Demo-Teilnahme nicht mit Amt als Gemeinderat vergleichbar
Obwohl die Jungen durch globale Themen wie dem Klimawandel politisiert werden und auch auf die Strasse gehen und demonstrieren, sei das nicht mit einem Amt in der Exekutive vergleichbar. «Es ist schon etwas anderes, wenn man dann in einer Exekutive arbeitet. Dort ist man dann wirklich in der Verantwortung und quasi mitschuldig, wenn nichts unternommen wird.» Trotzdem plädiert Yannick Berner dafür, dass Parteien in ihre jungen Mitglieder investieren sollten. Denn: «Wenn die Leute im System drin sind, werden sie auch den Mut haben, um für ein verantwortungsvolles Amt wie den Gemeinderat zu kandidieren», so Berner.
Immerhin: Mittlerweile werden in Schneisingen Gespräche mit potenziellen Anwärterinnen und Anwärtern für das Amt im Gemeinderat geführt. Baumgartner ist sich sicher, dass der Gemeinderat bei der vierten Wahl im Januar komplettiert wird. «Wir sind zuversichtlich, dass wir jemanden finden, der das Team ergänzt.»
(rce)