Waldknigge

«Sex im Gebüsch?» Was im Aargauer Wald erlaubt und was verboten ist

· Online seit 25.06.2023, 14:50 Uhr
Der Aargau ist ein Waldkanton. Schliesslich ist der Kanton zu einem Drittel mit Wald bedeckt. Die schattige Grünfläche ist im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel, in welcher es aber auch gewisse Regeln zu befolgen gilt. Ein Experte erklärt, welche.
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Der Wald bietet der Bevölkerung jede Menge wichtige Fläche für Erholung und Freizeit. Von den Waldbesuchenden darf jedoch erwartet werden, auf den Wald selbst, das Ökosystem und letztendlich den Besitz der Waldeigentümer Rücksicht zu nehmen. Fabian Dietiker, Leiter der Abteilung Wald im Kanton Aargau, hat uns die wichtigsten Fragen zum Verhalten in der Natur beantwortet.

ArgoviaToday: Herr Dietiker, darf man im Wald Blumen sammeln? Falls ja, wie viele?

Fabien Dietiker: Diese Frage zielt ziemlich genau auf den Artikel 699 im Zivilgesetzbuch ab. Selbstverständlich darf ein Waldgänger mal eine Blume pflücken, auch wenn der Wald nicht das ideale Wuchsgebiet für schöne Blumen ist. Selbst ein kleiner Strauss liegt noch in einem ortsüblichen Umfang und ist somit im Rahmen des besagten Artikels zulässig.

Gibt es im Aargau (ähnlich wie in den Alpen) auch geschützte Blumen?

Ja, da gibt es eine Serie von Pflanzen, die über die Natur- und Heimatschutzgesetzgebung geschützt sind. Arten wie beispielsweise Orchideen oder bestimmte Farne sind im Kanton Aargau geschützt.

Darf man seinen Kompost im Wald entsorgen?

Das ist erstens keine gute Idee und zweitens ist es gesetzlich verboten. Egal ob organisches Material, Abfälle oder Bauschutt – diese Ablagerungen sind im Wald illegal. Kompost gehört in eine Grüngutverwertungsanlage und nicht in den Wald. Solche Grüngutablagerungen sorgen vermehrt dafür, dass fremdländische Pflanzen in den Aargauer Wald eingebracht werden. Die Neophytenthematik ist inzwischen breit bekannt.

Ist das Campieren oder Biwakieren im Aargauer Wald erlaubt?

Grundsätzlich besteht im Kanton Aargau kein explizites Verbot für freies Zelten im Wald. Das Biwakieren oder Campieren auf öffentlichem Grund kann in den Gemeinden über die Bau- und Nutzungsordnung geregelt sein. Wir empfehlen, sich beim Grundbesitzer oder der Gemeinde zu erkundigen, wenn wild campiert oder gezeltet werden will.

Kann ich ein Herz für meine Liebste in einen Baum ritzen?

Man muss beachten, dass jeder Baum jemandem gehört. Zum Grossteil sind die Wälder im Aargau im Besitz der Ortsbürger einer Gemeinde oder sonstigen Privatpersonen. Wenn man also etwas in einen Baumstamm schnitzt, ist es aus rechtlicher Sicht eine Schädigung von Eigentum eines Dritten. Wir raten sehr davon ab – besser nimmt man einen abgebrochenen Ast und verziert diesen.

Kann ich im Sommer ohne Probleme ein Feuer im Wald machen?

Es gibt auf Bundesebene kein Gesetz, das Feuermachen in der Natur grundsätzlich verbietet. Häufig stellen Gemeinden dafür vorgesehene, befestigte Feuerstellen zur Verfügung. Zu beachten sind jedoch die fünf Gefahrenstufen für Waldbrände: geringe, mässige, erhebliche, grosse und sehr grosse Gefahr. Ab der Gefahrenstufe vier gilt ein Feuerverbot im Wald. Aktuell befinden wir uns in der Stufe drei. Dies ist ein Aufruf an die Bevölkerung zur grossen Vorsicht im Umgang mit Feuer. Herrscht keine Gefahr für Waldbrand, ist im Kanton Aargau Feuermachen in befestigten Feuerstellen grundsätzlich überall erlaubt.

Darf ich mir denn selbst eine Feuerstelle errichten?

Explizit verboten ist es nicht. Aber auch hier muss man beachten, dass man sich auf dem Grundeigentum von jemand befindet. Schlussendlich sollte man es unterlassen, da man mit dem Feuer die Bodenökosysteme inmitten des Waldes zum Teil zerstört. Zusammengefasst: Es ist nicht ausdrücklich verboten, aber eine Schädigung des Eigentums eines Dritten und somit unzulässig.

Darf man im Wald sein «grosses Geschäft» verrichten?

Schlussendlich ist dieses Bedürfnis bei den Waldbesuchenden vorhanden. Wenn jemand im Wald spazieren geht und seine Notdurft verrichten muss, ist das selbstverständlich zulässig. Es gibt jedenfalls kein explizites Verbot in einem Gesetz. An einzelnen Stellen haben Gemeinden an hochfrequentierten Orten ein Verbot dafür erlassen.

Ist es verboten, im Wald Sex zu haben?

Die Waldgesetzgebung von Bund und Kanton kennen keine Bestimmung, was Thema Sex im Wald anbelangt. Übrigens auch nicht zum Thema Nacktwandern. Zudem frage ich mich auch, ob ein Beerengestrüpp oder ein Teppich von Tannennadeln für ein Schäferstündchen einladend ist – doch das muss ich nicht beurteilen. Alles, was nicht explizit verboten ist, wird grundsätzlich toleriert. Wo kein Kläger, da kein Richter.

Ist es verboten, aus Totholz einen kleinen Unterschlupf oder ein Waldsofa zu basteln?

Wenn eine Waldspielgruppe oder ein Kindergarten so etwas tun möchte, ist es wichtig, die Waldeigentümer zuerst zu fragen. Mit dem Einverständnis der Besitzer kann man ein einfaches Waldsofa ohne Baubewilligung errichten.

Wann muss mein Hund im Wald an die Leine?

Diese Frage klärten wir kürzlich auf ArgoviaToday. Im Kanton Aargau gilt im Wald und am Waldrand vom 1. April bis zum 31. Juli eine Leinenpflicht für Hunde. Viele einheimische Tiere haben in diesen Monaten ihre Brut- und Setzzeit. So haben Füchse ihren Nachwuchs bereits im März auf die Welt gebracht und ab Mai folgt der Grossteil der Rehkitze. In der Insektenwelt geht es ebenfalls los, die Vögel beginnen zu nisten und Jungpflanzen sind noch trittempfindlich.

veröffentlicht: 25. Juni 2023 14:50
aktualisiert: 25. Juni 2023 14:50
Quelle: ArgoviaToday

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