Für Mohoric ist es bereits der zweite Etappensieg. Vor dem Start hatten sich Mark Cavendish und Eddy Merckx noch herzlich umarmt. Merckx sah seinen Tour-Rekord der meisten Etappensiege wohl schon in den alleinigen Händen von Cavendish. Doch der Brite, der im Lauf der Rundfahrt überraschend Merckx eingeholt hatte, muss auf seinen 35. Erfolg warten und sich die Bestmarke weiter mit der belgischen Radsport-Legende teilen.
Zwar wies die 207 km lange Etappe von Mourenx nach Libourne keine nennenswerten Steigungen auf, dennoch kam es nicht zur Sprintankunft. Weil die mit 20 Fahrern besetzte Fluchtgruppe gut harmonierte, unternahm Cavendishs Team Deceuninck-QuickStep bald einmal keine Anstalten mehr, die Ausreisser einzuholen. Bald einmal war klar, dass der Sieger aus der Fluchtgruppe kommen würde.
Lange Zeit durfte sich auch Silvan Dillier Hoffnungen auf den grossen Coup machen. Bei einer Tempoverschärfung rund 26 km vor dem Ziel verliessen den 30-Jährigen vom Team Alpecin-Fenix dann aber die Kräfte. Am Ende wurde Dillier guter 14. - seine beste Klassierung an der laufenden Frankreich-Rundfahrt.
Wenige Kilometer nachdem Dillier und sieben andere Fahrer hatten abreissen lassen, setzte Matej Mohoric zum entscheidenden Angriff an. Der 26-Jährige, der wie der designierte Gesamtsieger Tadej Pogacar aus Slowenien stammt, kam weg und gewann schliesslich mit einem Vorsprung von 58 Sekunden auf den Franzosen Christophe Laporte (2.) und den Dänen Casper Pedersen (3.).
Mohoric, der bereits die 7. Etappe in Le Creusot solo für sich entschieden hatte, fährt für das Team Bahrain, das in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag im Teamhotel Besuch von der Polizei erhalten hatte. «Ich fühlte mich wie ein Krimineller», blickte Mohoric zurück. Auf den letzten 1000 m sei ihm das noch einmal durch den Kopf gegangen; als Zeichen legte er bei der Überquerung der Ziellinie demonstrativ den Finger auf seine Lippen.
«Es ist nicht schön, wenn die Polizei bei dir im Zimmer steht und sich durch deine Sachen wühlt», so Mohoric weiter. Es sei auf der anderen Seite aber «eine gute Sache, dass aufgepasst und kontrolliert wird, dass niemand betrügen kann». Gefunden wurde beim Team Bahrain nichts, was den Verdacht erhärtet hätte, weshalb die Mannschaft weiterfahren durfte - und dank Mohoric bereits den dritten Etappensieg an dieser Tour bejubeln durfte.
Das Feld mit Cavendish und Leader Pogacar rollte schliesslich mit fast 21 Minuten Rückstand ins Ziel. Bevor am Sonntag die Triumph-Fahrt auf die Champs-Elysées im Programm steht, gilt es am Samstag im Einzelzeitfahren noch einmal Ernst. Zu den Sieganwärtern auf dem 31 km langen Parcours von Libourne nach Saint-Emilion gehört nebst Pogacar auch der Thurgauer Stefan Küng