Nach wochenlanger Stille

Kremlgegner Alexej Nawalny wieder aufgetaucht

25.12.2023, 17:38 Uhr
· Online seit 25.12.2023, 14:16 Uhr
Seit mehreren Wochen hat von Putin-Gegner Alexej Nawalny jede Spur gefehlt. Jetzt ist er wieder aufgetaucht.
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Der seit mehr als zwei Wochen gesuchte Kremlgegner Alexej Nawalny ist wieder aufgetaucht. Er sei in das Straflager IK-3 in Charp im Norden Russlands im Automonen Kreis der Jamal-Nenzen verlegt worden, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Montag im Nachrichtendienst X (vormals Twitter) mit.

Verbannt in Polarregion

«Wir haben Alexej gefunden!», teilte auch sein Mitarbeiter Iwan Schdanow mit. Er sei im Straflager «Polarwolf», in einer der nördlichsten und am entlegensten Kolonien überhaupt. «Die Bedingungen dort sind brutal», sagte Schdanow. Dort herrsche auch Dauerfrost. Es sei sehr schwer, dorthin zu gelangen; zudem würden keine Briefe in das Lager zugestellt. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Moskaus Machtapparat den Gegner von Kremlchef Wladimir Putin vor der Präsidentenwahl am 17. März isolieren wolle. «Sein Aufenthaltsort wurde geheim gehalten», kritisierte Schdanow.

Vom Strafvollzug oder anderen russischen Behörden gab es weiter keinen Kommentar zu den Berichten über den Aufenthalt des Inhaftierten. Der unter anderem wegen angeblichen Extremismus zu 19 Jahren Haft verurteilte Nawalny führt immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzt die Gerichtsauftritte nicht zuletzt zur beissenden Kritik an Putins autoritärem System. Zuletzt war Nawalny mit Beginn des Wahlkampfs zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet worden.

Gesundheitlich angeschlagen

Seit Anfang Dezember war der Aufenthalt des schärfsten Gegners des russischen Präsidenten unbekannt gewesen. Die Sorge um den 47-Jährigen war auch deshalb gross, weil er gesundheitlich angeschlagen ist. Mitarbeiter des Strafvollzugs hatten bei Gerichtsprozessen nur mitgeteilt, dass Nawalny nicht mehr im Straflager IK-6 rund 260 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir sei.

«Obwohl heute auch Weihnachten ist, ist die Tatsache, dass wir Alexej an diesem Tag gefunden haben, kein Weihnachtswunder, sondern die gewaltige und akribische Arbeit der Juristen des Anti-Korruptions-Fonds», teilte Julia Nawalnaja, die Ehefrau des Oppositionellen, bei Instagram mit. Sie veröffentlichte dazu ein älteres Selfie von sich mit ihrem Mann aus glücklichen Tagen.

Noch am Montag habe Russlands oberstes Gericht behauptet, dass Nawalnys Aufenthaltsort unbekannt sei, sagte Schdanow, der im Exil den Anti-Korruptions-Fonds leitet. Es habe eine komplette Informationsblockade gegeben. Nawalnys Juristen hätten mehr als 600 Anfragen verschickt und alle Untersuchungsgefängnisse «durchsucht», um ihn zu finden. «Der Anwalt war heute bei ihm. Er hat Alexej gesehen. Aber den Anwalt haben sie auch nicht gleich zu ihm gelassen», sagte Schdanow. Schon im April sei der Chef des russischen Strafvollzugs, Arkadi Gostew, dort gewesen, um wohl das Lager auf Nawalnys Ankunft vorzubereiten, teilte er weiter mit.

Putin tritt wieder an

Die Kremlgegner um Nawalny hatten Anfang Dezember auch die Kampagne «Russland ohne Putin» begonnen, mit der sie Wähler vor der Präsidentenwahl dazu aufrufen, durch die Stimmabgabe für andere Kandidaten ihren Protest zu äussern. Putin tritt zum fünften Mal bei der Abstimmung an, seine Mitbewerber gelten als chancenlos.

Nawalny, der 2020 auch einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt hatte, ist seit fast drei Jahren in Haft. Er wurde international als politischer Gefangener anerkannt. Die USA, die EU sowie die Bundesregierung hatten sich in den vergangenen Wochen immer wieder besorgt gezeigt und die russische Führung aufgefordert, über Nawalnys Verbleib zu informieren. Russland hatte dies als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurückgewiesen. Der Kreml teilte auch mit, dass er sich nicht um das Schicksal von Gefangenen in Russland kümmern könne.

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veröffentlicht: 25. Dezember 2023 14:16
aktualisiert: 25. Dezember 2023 17:38
Quelle: ArgoviaToday

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