Wir schreiben das Jahr 1953: Das kleine toskanische Dorf Fabbriche di Careggine ist seinem Untergang geweiht. Und das wortwörtlich. Denn die kleine Ortschaft fällt dem grössten Stausee der Toskana zum Opfer. In den 1940er-Jahren mussten die Bewohner ihre Heimat verlassen und nach Vagli di Sotto ziehen. Der Grund: der Bau eines 96 Meter hohen Staudammes. Nach Beendigung der Bauarbeiten versank das Dorf Fabbriche di Careggine unter den Wassermassen des Lago di Vagli, dem grössten Stausee der Toskana.
Doch Fabbriche di Careggine ist nicht für immer verloren. Seit dem Untergang des Dorfes im Jahr 1953 ist es bereits viermal wieder aufgetaucht. Dann treten die Überreste aus dem Mittelalter, zu denen auch die im Jahr 1590 erbaute Kirche San Teodoro gehört, jeweils ans Tageslicht. Das hat einen einfachen Grund: Wenn der Stausee gewartet wird, lassen die Arbeiter das Wasser ab. Dann werden die mittelalterlichen Ruinen wieder sichtbar.
Vor 30 Jahren tauchte das Dorf zuletzt auf
Bisher wurde das Wasser in den Jahren 1958, 1974, 1983 und zuletzt 1994 abgelassen. Damals wurde das Auftauchen des Dorfes zu einer Attraktion. 1994 sollen es laut dem italienischen Magazin «Dove» eine Million Menschen besichtigt haben. Anfangs plante man scheinbar, den Stausee einmal pro Jahrzehnt zu warten, doch jetzt sind es bereits fast 30 Jahre, seit Fabbriche di Careggine das letzte Mal sichtbar wurde. In diesem Jahr nun soll es endlich wieder so weit sein.
Laut dem lokalen Nachrichtenportal «Intoscana» soll das Geisterdorf im Frühjahr 2024 aus den Fluten auftauchen. Ursprünglich sollte der Staudamm bereits 2016 geleert werden, doch dieser Termin wurde immer wieder verschoben. Unter anderem aufgrund der Corona-Pandemie sowie anhaltender Wasserknappheit und der geringen Niederschläge in dem Gebiet. Man darf gespannt sein, ob Fabbriche di Careggine im Frühling dann wirklich wieder auftaucht – und wie sehr sich die Gebäude seit 1994 im Wasser verändert haben.
Geisterdörfer auch in der Schweiz
Ein ähnliches Schicksal widerfuhr auch vielen Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Beim Bau des Sihlsees, der flächenmässig grösste Stausee der Schweiz, wurden Teile der Ortschaften Willerzell, Euthal, Gross und Steinbach im Jahr 1937 geflutet und die Einwohnerinnen und Einwohner mussten ihr Zuhause verlassen. In Marmorera im Bündnerland musste einem Stausee weichen wie auch ein Ortsteil von Vogorno im Tessin.