Quelle: ArgoviaToday / Severin Mayer
Vor rund 17 Jahren hat Hanspeter Lüem, Biber-Beauftragter des Kantons Aargau, die ersten Biber am Rotkanal in Murgenthal gesichtet. Mittlerweile seien aber sicherlich zehn Biber beim Kanal zusehen. Doch nicht nur am Rotkanal hat die Biber-Population zugenommen. «Dem Biber gefällt es bei uns», sagt Lüem. Denn das schwimmende Nagetier hat sich inzwischen nicht nur bei den vier grossen Flüssen im Aargau breit gemacht, sondern rückt auch immer mehr zu den Bächen und Kanälen vor.
Das bestätigt auch Christian Tesini, Fachspezialist Jagd und Fischerei des Kantons Aargau. Die Besiedelung der kleinen Bäche hat im Aargau aber erst vor einigen Jahren angefangen und schöpft erst jetzt das riesige Potential aus. Der Biberzuwachs im Aargau sei zudem im Vergleich zu den Kantonen Zürich und Thurgau grösser. Die vielen Biber sorgen im Aargau aber immer wieder für Probleme. Vor allem für Bauern und Bäuerinnen kann der Nager mühsam sein.
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Rund zehn Beschwerden pro Monat
Biber und Mensch sind nicht immer Freunde. Das zeigt sich auch an der Anzahl Beschwerden, welche die vier Kantonalen Biber-Beauftragen erhalten. Rund zehn Reklamationen gehen monatlich aus dem ganzen Kanton bei den Beauftragten ein. Doch etwas gegen die Dämme der Tiere zu unternehmen, sei manchmal schwierig, erklärt Lüem.
Schliesslich gehe es auch um den Lebensraum des eidgenössisch geschützten Tieres. Gerade wenn die Biber ihre Jungtiere aufziehen, ist es nicht möglich, Biberdämme zu verkleinern oder gar zu entfernen. «In diesen Fällen muss man den Betroffenen zu erklären versuchen, dass das Gebiet auch vom Biber beansprucht wird», erklärt der Biber-Beauftragte.
Drei Probleme
Biberdämme bergen Hochwassergefahr, die zu Überschwemmungen führen kann. Heisst: «Kommt es beispielsweise beim Rotkanal zu Überschwemmungen, läuft das ganze Wasser ins Dorf», erklärt Lüem. Passiert das in der Zeit, in der die Biber ihre Jungtiere haben, kann am Damm nichts gemacht werden.
Ein weiteres Problem liegt in der Landwirtschaft. Wegen der Arbeiten des Bibers werden teilweise die Drainagen der Landwirtschaft eingestaut. «Das gibt ein Problem für die Bauern und Bäuerinnen», so Lüem. Wenn die Drainagen eingestaut sind, können diese das Wasser nicht mehr «ziehen», sodass die Weiden nicht trocknen können. «So können die Bauern teilweise ihr Vieh nicht mehr auf die Weide lassen», erklärt Lüem.
Das Problem mit der Bürokratie
Eine Vorbeugung gegen Biberdämme gibt es nicht wirklich. Erst wenn der Damm zum Problem wird, kann etwas unternommen werden. Das ist dann aber mit Bürokratie verbunden. Denn für die Entfernung oder Verkleinerung der Dämme braucht es eine Bewilligung vom Kanton. Bis das Gesuch bewilligt wird, kann das aber manchmal eine Weilchen dauern. «Die Bewilligung dauert relativ lange, weil die Beschwerdefrist abgewartet werden muss. Wenn dann noch Beschwerde eingereicht wird, dauert es nochmal länger», so Lüem.
Auch den Aargauer Bauern und Bäuerinnen ist die Zunahme der Biberpopulation aufgefallen, erklärt Ralf Bucher, Geschäftsführer des Bauernverbands Aargau. Denn auch die Probleme, welche durch die Biber verursacht werden, häufen sich dadurch, erklärt er weiter. Nebst der gefällten Bäumen und der eingestauten Drainagen gibt es ein weiteres grosses Problem für die Landwirtschaft.
«Biber graben teilweise Löcher, die bis ins Land vordringen. So kommt es vor, dass man mit dem Traktor in diese hineinfährt und es Schäden an der Infrastruktur gibt», so Bucher. Auch dem Biber-Beauftragten sind die Probleme für die Landwirtschaft bewusst: «Ich habe absolutes Verständnis für die Reklamationen der Landwirte.»
Dass es so schwierig und langwierig ist, die Probleme zu lösen, liegt unter anderem auch an der abgelehnten Revision des Jagdgesetzes. In der Revision wären auch einige Verbesserungen oder Vereinfachungen vorgesehen gewesen, erklärt Bucher. «Aktuell hat der Biber keine wirklichen Feinde und bei dieser Ausdehnung des Bestands, müsste man dringend über den Schutzstatus des Bibers diskutieren», so Bucher. Er wünscht sich ein pragmatischeres Vorgehen. «Aber mir ist bewusst, dass der Kanton hierbei keinen grossen Handlungsspielraum hat. Deswegen sollte über den Schutzstatus des Bibers auf Bundesebene diskutiert werden.»
Einen kleinen Lichtblick soll es laut Kanton aber bald geben. Es sei vorgesehen, dass sich Bund und Kantone an den Biberschäden an Infrastrukturanlagen beteiligen, erklärt Tesini. «Das ist es auch, was den Kantonen im Umgang mit dem Biber sicher helfen kann. Und vielerorts eine Entschärfung der Konflikte ermöglicht. Es braucht aber auch den Willen vor Ort, sich auf den Biber einzulassen und neben den Unannehmlichkeiten und Schäden auch sein Potential zu erkennen», so Tesini.
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