Dicke Wahlpost landet demnächst in den Schweizer Briefkästen. In vielen Kantonen treten die Parteien mit Listenverbindungen zu den Parlamentswahlen an. Auch die GLP setzt auf die Allianzen, unter anderem mit den Grünen. Dagegen wird aus FDP-Kreisen Kritik laut.
Vertretende aus dem Nationalrat und der Parteizentrale merken an, dass die GLP in mindestens fünf Kantonen eine Listenverbindung mit der Grünen Partei habe, darunter etwa in den Kantonen Aargau, Graubünden, Luzern, St.Gallen und Thurgau. Dabei seien auch Kandidaten der Jungen Grünen mit kommunistischen Forderungen, sagt ein FDP-Nationalrat zur Today-Redaktion. Dies leiten die Kritikerinnen und Kritiker aus einem Positionspapier der Jungen Grünen ab.
Partei müsse sich abgrenzen
Im Positionspapier unter dem Titel «Für eine postkapitalistische Wirtschaft» fordert die Jungpartei etwa, den Boden zu verstaatlichen, um «die Gesellschaft in eine antikapitalistische Funktionsweise zu führen». Auch stören sich die FDP-Vertretenden daran, dass das Papier eine bedingungslose Existenzsicherung und die Einführung einer 24-Stunden-Woche will.
Zum Bluten bringt das liberale Herz eine weitere Forderung im Papier – «ein grünes Schrumpfen, indem der Kapitalismus geordnet zurückgebaut wird». Demnach sollen sogenannte «Verbraucher*innenräte die notwendigen Güter bestimmen», welche die Unternehmen zu produzieren hätten.
Die GLP spiele bei ihrer Listenverbindung nicht mit offenen Karten, lautet der Vorwurf aus FDP-Kreisen. Ihrer Meinung nach sollte die GLP den Wählerinnen und Wählern transparent machen, dass sich unter ihren Listenverbindungen auch Kandidierende mit extremen linken Positionen befänden und sie sich davon abgrenze. Die FDP hingegen habe von Anfang an klargemacht, dass sie nicht mit extremen Gruppierungen wie Massvoll Listenverbindungen eingehen wolle.
Quelle: TeleZüri-Video vom 3. August
FDP wolle von Listenverbindung mit SVP ablenken
GLP-Präsident Jürg Grossen hat kein Verständnis für die Kritik. «Listenverbindungen sind nichts anderes als eine mathematische Angelegenheit – und keine inhaltliche», stellt er klar. Zudem handle es sich um eine Unterlistenverbindung mit einer Jungpartei, die keine Wahlchancen habe.
Das aktuell gültige Wahlsystem bevorteile die grossen Parteien systematisch, kritisiert Grossen. «Unsere Anträge zur Einführung eines fairen Wahlsystems wurde bisher stets durch die grossen Parteien von links und rechts verhindert.» Selbstverständlich habe die GLP nichts mit den genannten Forderungen zu tun. «Die Wählerinnen und Wähler wissen, welche inhaltlichen Differenzen die Parteien haben. Zudem sind die Listenverbindungen auf dem Wahlzettel transparent ersichtlich.»
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Er nehme an, dass die FDP von der Listenverbindung mit der SVP ablenken wolle, so Grossen. «Weil die SVP am rechten Rand des Parteispektrums ist und mit der die FDP hinten und vorne nicht alle Positionen teilt.»
Die GLP habe dank Listenverbindungen im Nationalrat genauso viele Sitze erhalten, wie es dem Wähleranteil entspreche, sagt Grossen. «Ohne Listenverbindung wären wir unterrepräsentiert im Parlament.»
«Chance ist sehr klein»
Schweizweit stehen rund 3500 Kandidierende auf den Listenverbindungen. Lukas Golder, Co-Leiter des Forschungsinstituts GFS Bern, stellt fest, dass sich in den Listenverbindungen sowohl auf linker als auf rechter Seite Kandidierende mit extremen Positionen befinden. «Jungparteien sind oft extremer als die Mutterparteien.»
Etwa der GLP deswegen Intransparenz vorzuwerfen, hält Golder aber für gesucht. Bei Listenverbindungen gehe es lediglich um das Gewicht der Stimme. Die Parteien signalisierten damit nicht, dass sie die ganze Palette der verschiedenen Ideologien der Kandidierenden unterstützten. «Die Chance, dass solche Kandidatinnen und Kandidaten gewählt werden, ist zudem sehr klein.» Dennoch müssten sich Wählende im Klaren sein, dass Listenverbindungen Kandidierenden indirekt zum Sieg verhelfen könnten.